(Zuerst publiziert in www.Journal21.ch vom 12.8.2020)
In der New York Review of Books, 20. August 2020 (-> link to original article) bespricht Bill McKibben das Buch «The last warning: Six degrees climate emergency» («Die letzte Warnung: Sechs Grad Klimanotfall») von Mark Lynas, London: 4th Estate, 372 S., 27,99 USD. Hier diese Besprechung in deutscher Übersetzung:
54 Grad Celsius
Durch COVID bekommen wir einen Begriff von einer umfassenden globalen Krise, die alles stört: Das normale Leben - Lebensmittel einkaufen, Hochzeit halten, zur Arbeit gehen, die Eltern sehen – alles verändert sich dramatisch. Die Welt fühlt sich anders an, und jede Annahme über Sicherheit und Vorhersehbarkeit ist auf den Kopf gestellt: Wirst du einen Job haben? Wirst du sterben? Wirst du jemals wieder mit der U-Bahn fahren oder ein Flugzeug nehmen? Es ist alles anders, als wir jemals gesehen haben.
Der Umbruch durch Covid-19 ist auch eine Art Generalprobe
für die globale Erwärmung. Weil die Menschen die physische Funktionsweise des
Planeten Erde grundlegend verändert haben, gehen wir einem Jahrhundert von
Krisen entgegen, von denen viele gefährlicher sind als das, was wir jetzt
durchleben. Hauptfrage ist, ob wir den Temperaturanstieg so eingrenzen können,
dass wir diese Krisen wenn auch mit Aufwand und Leid bewältigen können, oder ob
unsere Zivilisation überwältigt wird. Letzteres ist eine eindeutige
Möglichkeit, wie Mark Lynas neues Buch «Our Final Warning» schmerzlich deutlich
macht.
Lynas ist ein britischer Journalist und Aktivist. 2007
veröffentlichte er im Vorfeld der Klimakonferenz in Kopenhagen ein Buch mit dem
Titel «Sechs Grad: Unsere Zukunft auf einem heißeren Planeten». Das neue Buch
erinnert an die frühere Arbeit, die schon keineswegs fröhlich war. Aber weil
Wissenschaftler im letzten Jahrzehnt das Verständnis der Erdsysteme dramatisch
verbessert haben, während unsere Gesellschaft dasselbe Jahrzehnt dazu
verschwendete, um immer mehr CO2 in die Atmosphäre zu pusten ist dieses
Buch weit, weit dunkler. Lynas stützt sich auf solide Quellen und eine breite
Palette veröffentlichter Forschungsergebnisse. Eröffnend sagt er, dass er lange
davon ausgegangen sei, dass wir „den Klimawandel wahrscheinlich überleben
könnten. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher."
Die Nationen, welche fossile Brennstoffe in großen Mengen
verbrauchen, haben die Temperatur des Planeten seit der industriellen
Revolution um mehr als ein Grad Celsius angehoben. Die Marke wurde 2015
überschritten, zufällig auch das Jahr, in dem wir in Paris die ersten
wirklichen globalen Abkommen über Klimaschutzmaßnahmen erreicht haben. Ein
Anstieg um ein Grad klingt nicht nach viel, aber es ist viel: Jede Sekunde
fangen der Kohlenstoff und das Methan, die wir abgegeben haben, Wärme ein, die
der Explosion von drei Hiroshima-Bomben entspricht. Seit 1959 wird auf
dem Vulkan Mauna Loa in Hawaii die Kohlendioxidkonzentration erfasst. Ende
Mai dieses Jahres war ein neues Rekordhoch von etwa 417 ppm CO2, das sind 100
ppm mehr als zur Zeit unserer Ururgrosseltern, und mehr, als es in den letzten
drei Millionen Jahren je gegeben hat (ppm = parts per million).
Während wir fahren, heizen, beleuchten und bauen, geben wir
jährlich etwa 35 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre ab. Momentan
nehmen Ozeane und Wälder etwas mehr als die Hälfte davon auf, aber diese Gnade
wird in Zukunft nicht anhalten, und auf jeden Fall bedeutet dies, dass wir der
Luft jährlich etwa 18 Milliarden Tonnen hinzufügen . Dies ist bei weitem der
wichtigste Einflussfaktor für die Zukunft des Planeten.
Der Schaden, der bei einem Grad Erwärmung angerichtet wurde,
ist beunruhigend und liegt in fast allen Fällen über dem, was Wissenschaftler
vor dreißig Jahren vorhergesagt hatten (Wissenschaftler sind halt von Natur aus
vorsichtig). Lynas nimmt uns auf eine Horrortour, von Grönland (wo
die Eisschmelze bereits auf dem Niveau liegt, das einst für 2070 vorhergesagt
wurde); in die Wälder der Welt (auf der ganzen Welt hat die Dauer der
Waldbrandsaison um ein Fünftel zugenommen); in städtische Gebiete in Asien und
im Nahen Osten, in denen in den letzten Sommern die höchsten zuverlässig
gemessenen Temperaturen auf der Erde gemessen wurden, gegen 54 Grad. Das ist
die Welt mit einem Grad Erwärmung, in der ein Gürtel aus gebleichten Korallen
über den Tropen zu sehen ist - ein 90-prozentiger Zusammenbruch entlang des
Great Barrier Reef, der größten lebenden Struktur des Planeten – oder die
entsetzlichen Szenen aus Australien wo im Dezember Menschen ins Meer
wateten, um den Feuerstürmen zu entkommen.
Das wäre einmal die Ausgangsbasis. Wir werden definitiv
nicht cooler. Aber betrachten wir jetzt das eigentliche Problem, die zukünftige
Entwicklung, welche Wissenschaftler seit vielen Jahren zu vermitteln versuchen, welche aber weder in der Öffentlichkeit noch bei den politischen Führern wirklich
angekommen ist. In den Worten von Lynas:
«Auf dem aktuellen Erwärmungspfad könnten wir bereits
Anfang der 2030er Jahre zwei Grad Globalerwärmung haben, die drei Grad um Mitte des
Jahrhunderts und vier Grad bis 2075. Wenn wir mit positiven Feedbackschleifen
Pech haben - vom Auftauen des Permafrosts in der Arktis bis zum Zusammenbruch
tropischer Regenwälder - könnten wir bis zum Ende des Jahrhunderts fünf
oder sechs Grad Globalerwärmung erreichen».
Das ist ein lesenswerter Absatz, eine unverbrämte
Zusammenfassung der verfügbaren Wissenschaft (eine Anfang Juli
veröffentlichte Studie schätzt, dass wir die 1,5-Grad-Schwelle bis 2025
überschreiten könnten). Diese Sicht ist keinewegs abwegig und sie impliziert
eine unvorstellbare Zukunft. Zwei Grad sind nicht doppelt so schlecht wie ein
Grad, oder drei Grad dreimal so schlecht. Denn der Schaden nimmt nicht linear
mit der Temperatur zu, sondern eher exponentiell, wobei bei steigender
Temperatur jederzeit unvorhersehbare Kippunkte drohen. (Anmerkung des
Übersetzers: eine bestimmte Globalerwärmung heisst ca. das doppelte oder mehr
über den Landmassen, wo die Kühlung durch das Meer entfällt).
Aber haben sich die Staats- und Regierungschefs der Welt im
Pariser Klimaabkommen nicht verpflichtet, den Temperaturanstieg auf „weit
unter“ zwei Grad Celsius und so nahe wie möglich an 1,5 Grad zu halten? Sie
taten es - in der Präambel. Aber dann fügten sie ihre tatsächlichen Zusagen
Land für Land hinzu. Als Wissenschaftler diese Versprechen zusammenfassten -
Emissionen zu senken, erneuerbare Energien aufzubauen, Wälder zu retten - und
sie in einen Computer einspeisten, spuckte der die Nachricht aus, dass wir bei
Einhaltung des Pariser Abkommens in diesem Jahrhundert auf eine Globalerwärmung
um etwa 3,5 Grad zusteuern. Und nicht genug Länder halten die Pariser
Versprechen - tatsächlich haben sich unsere USA, die in den letzten zwei
Jahrhunderten weitaus mehr Kohlenstoff produziert haben als jedes andere Land,
vollständig von den Abkommen zurückgezogen, angeführt von einem Präsidenten,
der den Klimawandel als Scherz bezeichnet. Der En-ROADS-Online-Simulator, der
von Climate Interactive, einem gemeinnützigen Think Tank, entwickelt wurde,
sagt voraus, dass wir in diesem Jahrhundert einen globalen Temperaturanstieg
von 4,1 Grad erwarten können. Alles in allem ist Lynas 'sorgfältige
schrittweise Analyse eine direkte Prognose für unsere Zukunft, und gleichzeitig
eine Höllentour, es sei denn, wir ergreifen Massnahmen in einem Maßstab, den
derzeit nur wenige Nationen planen.
Folgen wir Lynas auf dieser Tour in die Hölle:
Bei einer um zwei Grad erhöhten Globaltemperatur sind
sagt die Wissenschaft ziemlich sicher einen im Sommer eisfreien Arktischen
Ozean voraus. Schon jetzt hat der Eisverlust im Norden die Wettersysteme dramatisch
verändert, den Jetstream geschwächt und die Wetterverhältnisse in Nordamerika
und anderswo destabilisiert.
Bei den zwei Grad könnten 40 Prozent der Permafrostregion
abschmelzen, unter massiver Freisetzung von Methan und CO2, was uns näher an
die drei Grad bringen würde. Aber wir greifen vor: Zwei Grad werden
wahrscheinlich auch den irreversiblen Verlust der Westantarktischen Eisdecke
auslösen. Selbst vorsichtige Schätzungen des resultierenden
Meeresspiegelanstieges lassen erwarten, dass dadurch 79 Millionen Menschen
vertrieben werden. Und der Schutz gefährdeter Städte entlang der Ostküste der
USA hinter Deichen und Mauern würde bis zu 1 Million US-Dollar pro Person
kosten. Lynas folgert: «Ich vermute, niemand wird mit so hohen Kosten für
Deiche bezahlen wollen, und die am stärksten gefährdeten (und ärmsten)
Gemeinden werden einfach aufgegeben».
Früher hofften die Forscher, dass eine Erwärmung um zwei
Grad die Lebensmittelproduktion tatsächlich leicht steigern könne, aber „jetzt
sehen diese rosigen Erwartungen gefährlich naiv aus.“ Lynas zitiert jüngste
Studien, in denen vorausgesagt wird, dass zwei Grad die globale
Lebensmittelverfügbarkeit um etwa 99 Kalorien pro Kopf und Tag verringern
werden – und auch diese Last wird selbstverständlich nicht gleichmäßig oder
gerecht verteilt werden.
Städte werden stetig heißer: Die derzeitige Erwärmung
bedeutet, dass sich alle Menschen auf der Nordhalbkugel mit einer
Geschwindigkeit von etwa 19 km pro Jahr effektiv nach Süden bewegen. Das ist
ein halber Millimeter pro Sekunde, was mit bloßem Auge eigentlich leicht zu
erkennen ist: „Ein sich langsam bewegendes riesiges Förderband“, das uns
„immer tiefer in die Subtropen transportiert, mit der gleichen
Geschwindigkeit wie der Sekundenzeiger einer kleinen Armbanduhr . ”
Aber dieser statistische Durchschnitt maskiert Extreme: Wir
können immer stärkere Hitzewellen erwarten, so dass beispielsweise in China
Hunderte Millionen Menschen mit Temperaturen umgehen müssen, denen sie noch nie
zuvor begegnet sind. Die natürliche Welt wird dramatisch leiden - 99 Prozent
der Korallenriffe werden wahrscheinlich sterben: Eine der faszinierendsten (und
produktivsten) Ecken der Schöpfung wird auf „abgeflachte, algenbedeckte
Trümmer“ reduziert.
Wenn wir darüber hinaus zu drei Grad Globalerwärmung
gehen, "wird das unsere Zivilisation bis zum Zusammenbruch
belasten." Die drei Grad bringen uns auf ein Niveau globaler Hitze,
das noch kein Mensch erlebt hat – letztmals so warm war es vor drei Millionen
Jahren im Pleistozän.
In seinem ersten Buch berichtete Lynas, dass Wissenschaftler
den Zusammenbruch der Westarktischen Eisdecke bei vier Grad erwarteten. Wie
oben ausgeführt erwartet man den Zusammenbruch heute früher, bei zwei
Grad Erwärmung ist er eine tödliche Möglichkeit, bei drei Grad eine Gewissheit.
Höhere Meeresspiegel bedeuten, dass Sturmfluten wie der Superstorm Sandy vom
Jahr 2012 durchschnittlich dreimal im Jahr zu erwarten sind.
In einer Dreigrad-Welt werden die rekordverdächtigen
Hitzewellen von 2019 „als ungewöhnlich kühler Sommer gelten“. Über eine
Milliarde Menschen würden in Zonen des Planeten leben, "in denen es
unmöglich wird, außerhalb künstlich gekühlter Umgebungen sicher zu arbeiten,
selbst im Schatten". Der Amazonas stirbt, der Permafrost bricht
zusammen. Die Veränderung verstärkt sich selber: Bei drei Grad wird die
Reflexion des Planeten stark vermindert, weil weißes Eis, das den Sonnenschein
zurück in den Weltraum reflektiert, durch blaues Meer oder braunes Land ersetzt
wird, das diese Strahlen absorbiert und den Prozess verstärkt.
Und dann kommen die vier Grad: Der Mensch als
Spezies ist damit nicht vom Aussterben bedroht - noch nicht. Aber die
fortschrittliche industrielle Zivilisation mit ihrem ständig steigenden
Materialverbrauch, Energieverbrauch und Lebensstandard - das System, das wir
Modernität nennen – kommt ins Wanken.
In Orten wie Texas, Oklahoma, Missouri und Arkansas werden
die Höchsttemperaturen jedes Jahr höher sein als die 50 und mehr Grad, die man
jetzt im Death Valley findet. Drei Viertel der Weltbevölkerung werden „mehr
als 20 Tage pro Jahr tödlicher Hitze ausgesetzt sein ” – in New York 50
Tage pro Jahr, in Jakarte alle Tage des Jahres. Ein „Gürtel der
Unbewohnbarkeit“ wird durch den Nahen Osten verlaufen, den größten Teil
Indiens, Pakistans, Bangladeschs und Ostchinas. Die Ausweitung der Wüsten wird
ganze Länder "vom Irak bis nach Botswana" verbrauchen.
Je nach Studie steigt das Risiko von „sehr großen
Bränden“ in den westlichen USA zwischen 100 und 600 Prozent; Das
Hochwasserrisiko in Indien steigt um das Zwanzigfache. Derzeit ist das Risiko,
dass die größten Getreideanbaugebiete aufgrund von Dürre gleichzeitig
Ernteausfälle erleiden, „praktisch Null“, aber bei vier Grad „steigt
diese Wahrscheinlichkeit auf 86%“. Riesige «marine Hitzewellen“
werden die Ozeane durchkämmen: „Eine Studie geht davon aus, dass die
Meerestemperaturen in einer Welt mit vier Grad in vielen tropischen
Meeresökoregionen über der thermischen Toleranzschwelle von 100% der Arten
liegen werden.“ Das Aussterben an Land und auf See wird sicherlich das
schlimmste seit dem Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren sein, als ein
Asteroid dazu beitrug, das Zeitalter der Dinosaurier zu beenden. "Der
Unterschied", bemerkt Lynas, "besteht darin, dass der"
Meteor "diesmal Jahrzehnte im Voraus sichtbar war, aber wir haben uns
einfach abgewandt, als er am Himmel immer größer wurde."
Wir werden nicht lange bei Lynas' Beschreibungen darüber
verweilen, was bei fünf oder sechs Grad Globalerwärmung passiert.
Diese sind leider nur allzu plausibel - besonders wenn die Menschheit
sich nicht auf eine Kursänderung einigt - aber sie sind pornographisch. Wenn
die Erwärmung dieses Ausmass erreicht, werden die Lebenden die Toten wirklich
beneiden: Eine Welt, in der die Menschen versuchen, sich nach Patagonien oder
vielleicht auf die Südinsel Neuseelands zu drängen, eine Welt, in der massive
Monsune den Boden bis zum Felsen wegspülen. wo die Ozeane anoxisch oder völlig
ohne Sauerstoff sind. Vergessen wer die Praezedenzfälle der Kreidezeit und der
Asteroideneinschläge - bei sechs Grad nähern wir uns dem Schaden, der zu Ende
des Perms eintrat, der größten biologischen Katastrophe in der Geschichte des
Planeten, als vor 250 Millionen Jahren 90 Prozent der Arten verschwanden. Ist
das übertrieben? Nein, denn momentan erhöhen unsere Autos und Fabriken die
CO2-Konzentration des Planeten ungefähr zehnmal schneller als die riesigen
sibirischen Vulkane, die damals die Katastrophe ausgelöst haben.
Angesichts der Klimakrise ist die Rückkehr zum „Normalen“
kein realisierbares Ziel - niemand wird einen Impfstoff herstellen (*). Das
heißt nicht, dass wir keine Möglichkeiten haben. Tatsächlich haben wir derzeit
mehr Optionen als zu irgendeinem früheren Zeitpunkt, aber wir müssten sie in
dramatischem Umfang und mit dramatischer Geschwindigkeit einsetzen.
Zum einen haben die Ingenieure ihre Arbeit gut gemacht. Vor
etwa einem Jahrzehnt begann der Preis für erneuerbare Energien zu sinken, und
dieser Rückgang beschleunigt sich weiter. Der Preis pro Kilowattstunde
Solarenergie ist seit 2010 um 82 Prozent gefallen. In diesem Frühjahr wurde in
den sonnigen Wüsten Dubais der Zuschlag für die weltweit größte Solaranlage
abgegeben, sie produziert für etwas mehr als einen Cent pro Kilowattstunde. Der
Preis für Windkraft ist fast ebenso dramatisch gefallen. Jetzt rasen die
Batterien die gleiche Kurve hinunter. In vielen Jahren wird es vielerorts
tatsächlich billiger sein, neue Solaranlagen zu bauen, als bereits gebaute und
bezahlte Gas- und Kohlekraftwerke weiter zu betreiben. (Das liegt daran, dass
die Sonne die Kraft gratis liefert).
Aus diesen Gründen und aufgeschreckt durch Kampagnen setzen
sich Investoren für erneuerbare Energien ein. Damit wird auch die Macht der
fossilen Brennstoffindustrie geschwächt, die ihre Schlagkraft seit drei
Jahrzehnten genutzt hat, um den Übergang zu neuen Energieformen zu blockieren.
Aber die Wirtschaft selbst wird uns nicht schnell genug
bewegen. Trägheit ist eine mächtige Kraft - Trägheit und die Notwendigkeit,
Billionen an „gestrandeten Vermögenswerten“ aufzugeben: Riesige
Öl- und Gasreserven, die derzeit den Wert von Unternehmen (und von Ländern, die
sich wie Unternehmen verhalten – man denke an Saudi-Arabien) stützen, müssten
im Boden belassen werden. Infrastrukturen wie Pipelines und Kraftwerke müssten
lange vor Ablauf ihrer Nutzungsdauer geschlossen werden. Dieser Prozess würde
wahrscheinlich mehr Arbeitsplätze schaffen als beseitigen, denn fossile Energie
ist in der Regel kapitalintensiv, während erneuerbare Energien
arbeitsintensiver sind. Aber die politischen Systeme reagieren eher auf
drohende Arbeitsplatzverluste als auf ihren möglichen Ersatz. Von den ärmsten
Nationen sollte nicht erwartet werden, dass sie für den Übergang so viel
bezahlen wie die reichen Nationen: Sie sind bereits belastet mit den horrenden
Kosten des Meeresspiegelanstiegs und der Gletscherschmelze, zu deren
Verursachung sie kaum beigetragen haben. Auch ohne Führer wie Trump ist der
erforderliche Aufwand enorm - genau deshalb blieben die Zusagen der
Unterzeichner in Paris so weit hinter den selbst gesetzten Zielen zurück. Und
Führer wie Trump scheinen sich zu vermehren: Der Brasilianer Jair Bolsonaro
kann die Klimamathematik im Alleingang umschreiben, indem er einfach weiterhin
den Amazonas entwaldet. Es wird eine mächtige und andauernde Bewegung
erfordern, um den Wandel zu beschleunigen.
Was Lynas 'Buch vielleicht etwas deutlicher hätte machen
sollen, ist, wie wenig Spielraum wir haben, um diese Aufgaben zu erfüllen. In
einer Coda schreibt er tapfer: „Es ist nicht zu spät, und tatsächlich wird
es nie zu spät sein. So wie 1,5 ° C besser als 2 ° C ist, so ist 2 ° C besser
als 2,5 ° C, 3 ° C ist besser als 3,5 ° C und so weiter. Wir sollten niemals
aufgeben.“ Dies ist zumindest emotional unbestreitbar. Nur machen die von
ihm zitierten Studien deutlich, dass zwei Grad Erwärmung Rückkoppelungen
erzeugen können, die uns automatisch höher bringen. Ab einem bestimmten Punkt
wird es zu spät sein. Die erste dieser Fristen könnte 2030 sein - das Intergovernmental
Panel of Climate Change (IPCC) teilte 2018 mit, dass wir bis zu diesem
Datum eine „grundlegende Umgestaltung“ der Energiesysteme benötigen, da sonst
die in Paris festgelegten Ziele unerreichbar blieben (Mit „grundlegender
Transformation“ war ein Rückgang der Emissionen um 50 Prozent gemeint). Das
heißt, die Jahre, in denen wir noch größte Hebelwirkung und Einfluss
haben können wir unseren zehn Fingern abzählen.
Die Covid-Pandemie zeigt, wie wichtig der Zeitfaktor in
solchen Krisen ist. Südkorea und die USA meldeten die ersten Fälle am selben
Januartag. Amerikas Regierung und Präsident verschwendeten den Februar mit
Zögern und Twittern. Und jetzt ist Seoul nahe an der Normalität, und in den USA
sind wir dem Chaos nahe (An einem einzigen Julitag meldete Florida mehr
Fälle, als Südkorea in der ganzen Pandemie). Und so wie die USA den Februar
verplemperten, verplemperten wir für den Planeten dreißig Jahre.
Geschwindigkeit ist wichtiger denn je. Die Proteste gegen Black Lives Matter
erinnern daran, dass Aktivismus erfolgreich sein kann und dass Umweltbemühungen
stark mit anderen Kampagnen für soziale Gerechtigkeit verbunden sein müssen.
Der von der Biden-Kampagne im vergangenen Monat angekündigte Klimaplan ist ein
glaubwürdiger Start für die notwendigen Anstrengungen.
Die Pandemie gibt auch einen tauglichen Masstab dafür, wie
viel wir ändern müssen, um die Klimakrise zu bewältigen. In diesem Frühjahr
haben wir «business as usual» eine Zeit lang beendet, fast auf der ganzen Welt
- und unseren Lebensstil weitaus mehr verändert, als wir je für möglich
gehalten hatten. Wir haben aufgehört zu fliegen, haben aufgehört zu pendeln,
haben viele Fabriken gestoppt. Im Endeffekt sind die Emissionen gesunken, aber
nicht so stark, wie man hätte erwarten können: Nach vielen Berechnungen kaum
mehr als 10 oder 15 Prozent. Das deutet darauf hin, dass der größte Teil
der Faktoren, die unsere Erde zerstören, fest in unseren Systemen eingebaut und
verdrahtet sind. Nur wenn wir diese Systeme angreifen - indem wir die mit
fossilen Brennstoffen betriebenen Eingeweide herausreißen und durch erneuerbare
Energien und weitaus effizientere Techniken ersetzen, können wir die
Emissionen so weit senken, dass wir eine Chance haben. Und zwar – das macht
Lynas leider klar - nicht die Chance, die globale Erwärmung zu stoppen. Aber
wenigstens eine Chance, zu überleben.
(*) Einige fordern "Geoengineering"-Lösungen für die globale Erwärmung - Techniken wie das Sprühen von Schwefeldioxid in die Atmosphäre, um die einfallenden Sonnenstrahlen zu blockieren. Das würde nichts dazu beitragen, die andere schlimme Krise zu verlangsamen, die durch den Kohlenstoffstoß verursacht wird: Die Versauerung der Ozeane. Und man könnte damit durchaus neue Formen des Chaos anrichten.
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Übersetzung: Lukas Fierz, Bern.
Veröffentlicht
mit Genehmigung New York Review of Books.
Link zum
Originalartikel: https://www.nybooks.com/articles/2020/08/20/climate-emergency-130-degrees/
Danke für diesen tollen Literaturtip! - Die deutsche Presse scheint das Buch zu ignorieren. Beim PErlentaucher habe ich keine Rezension gefunden, über Google-News nur eine beim linksmarginalen "Freitag". -- Mir scheint ja, dass wir eine Debatte bräuchten, die sich von diesen eher politisch-diplomatischen Koordinaten löst wie dem "2-Grad-Ziel" und der "Erwärmung bis zum Jahr 2100", und der Zahl der Tonnen, die wir noch rausblasen dürfen um blabla. -- Viel interessanter fände ich Antworten auf folgende Fragen: (1) "Peak Heat": Wie heiß es wird es denn am Maximum? Also bevor es wieder kühler wird? (Sagen wir mal: wenn ab heute (oder ab 2025, 2030, 2050, etc) NULL Co2 emmittiert würde)? (2) Haben wir schon eine blasse Ahnung, WANN das etwa sein könnte? Also wenn wir davon ausgehen, wenn die Menscheit ab 2020 (oder, je nachdem: 2025, 2030, oder halt 2060) kein C02 mehr emmittieren wird? -- Wann etwa könnte Peak-Heat frühestens erreicht sein?! -- Also ich erwarte da keine sicheren Angaben. Aber schon die Diskussion über diese Frage (Peak-Heat, Zeitpunkt und Temperatur) könnte m.E. helfen, ein wenig mehr Realismus ins Gespräch zu bringen ...
AntwortenLöschenDas CO2 bleibt Jahrhunderte in der Atmosphäre und wirkt weiter. Das führt dazu, dass der Temperaturanstieg auch bei sofortiger Stabilisierung des CO2-Anstiegs noch während Jahren und Jahrzehnten weitergeht. Aber bis jetzt war keine Rede von einer ernsthaften Reduktion des CO2-Ausstosses. Die anderthalb oder zwei Grad Globalerwärmung bis 2100 sind Fantasiegefasel. Mit Einhaltung der Pariser Verträge würden es über 3 Grad Globalerwärmung. Da die Verträge nicht eingehalten werden sind wir auf dem Weg zu 4-5 Grad Globalerwärmung, und zwar nur falls wir Glück haben. Wenn wir Pech haben und Feebackschleifen anspringen so kann es auch noch wesentlich wärmer werden. Dabei ist zu berücksichtigen dass die Mainstream-Prognosen bis jetzt regelmässig viel zu optimistisch waren und dass eine Globalerwärmung von einem gewissen Ausmass das Doppelte über den Landmassen heisst. Sobald es mit bewohnbaren Gebieten, Ressourcen, Nahrung knapp wird ist mit vielfachem Aggressionsverhalten zu rechnen. Ob es einen Ausweg gibt, ist höchst zweifelhaft. Weiteres dazu in meinen anderen Blog-Artikeln.
AntwortenLöschenDanke für Ihre Antwort! - Ja, mich interessiert eben auch die Zeit nach dem 1. Janaur 2100. So ein Jahrhundert (das wissen wir Opas) ist ja geschwind vorbei wie eine Schokaladentafel. Vom neuen schon wieder fast 20 Prozent! Dabei hatten wir doch grade erst die Folie geöffnet... Also wenn es bis 2100 etwa 3-4 Grad sind, wie viele sind es dann 2200? -- Andrerseits denke ich mir, dass man (nicht 10 Mrd Menschen, aber doch so einige 100 k) in Raumstationen oder Bunkern in Nähe der Polkappen auch dann überleben könnten. Mit Hilfe von Proteinfarmen (Algen /Würmer / Insekten) und Solaranlagen und 3-D-Druckern. Das wäre dann vielleicht so ein gemütliches Berghütten-Gefühl. Draußen toben die Winde der Polarnacht und drinnen guckt man Tierfilme (so aus dem späten 20 Jh) zum Einschlafen ...
AntwortenLöschenEs fragt sich, wieviel Sinn es macht, die Spekulationen über 2100 auszudehnen. Aber vor allem sollte man sich nicht Sand in die Augen streuen und irgendwelche optimistische Prognosen machen. Bis 2100 sind es nicht 3-4 Grad sondern nach dem laufenden Trend im besten Fall 4-5 Grad, das ergibt das Doppelte über den Landmassen. Rockström vom Potsdam-Institut meint, dass die Erde dann nicht mehr eine Milliarde, vielleicht nicht einmal mehr eine halbe Milliarde ernähren könne. Bevor man sich an den Polkappen einbunkert wird man sich also einmal gegenseitig aushungern und totschlagen. Und dann ist mit langsamen feedbacks zu rechnen, Eisverlust, Waldverlust, Wolkenverlust sind vorausgesagt und werden alle den Temperaturanstieg verstärken. Und dann kommt noch Methan aus aufgewärmten Böden. All das zusammen kann die globale Eräwrmung bis 2100 auch auf 9 Grad erhöhen und dann ist wahrscheinlich Schluss mit der Biosphäre. Das Gemeine ist, dass alles so verzögert abläuft, dass man nach Eintreten des Schadens nicht mehr reagieren kann.
AntwortenLöschenKorrigendum: Das Zitat von Rockström aus dem Guardian wurde später korrigiert, weil er falsch zitiert worden war: Er meinte, dass er Schwierigkeiten habe, zu sehen, wie die Erde mit vier Grad Erwärmung 8 Milliarden Menschen, oder auch nur die Hälfte davon ernähren könne. Etwas weniger dramatisch, aber auch schlimm genug.
LöschenWenn ich die völlige Sicherheit hätte, dass es bis, sagen wir, 2250 endgültig vorbei ist, dann würde mich das sogar irgendwie: beruhigen. Ein wenig Seelenfrieden bereiten. -- Grade darum bin aber halt so skeptisch. -- eine Biosphäre kann man ja auch künstlich irgendwo konservieren, in Plantagen, Höhlen, Bunkern und so weiter. -- An der Antarktis könnte sich ein Ökosystem neu entwickeln, in N-Amerika und Sibiren würde sich die Vegetationsgrenze eben nach Norden verschieben. Dort ist viel viel Platz -- Energieprobleme wird die Menschheit wohl nicht mehr haben (Die Solarenergie hat sich entwickelt und bei 5 Grad Erwärmung wird auch der Co2-Ausstoss neimanden mehr groß jucken.) . Man kann also Pflanzen in der Polarnacht beleuchten, die sonst eingehen würden. -- Also ich schätze mal, dass in den nächsten Jahren der Run auf die Antarktis und auf Grönland und Nordkanada losgehen wird. (Sie erinnern sich an Trumps "Angebot", Grönland den Dänen abzukaufen? Bald wird das kein Witz mehr sein ... ) -- In Neuseeland hat es schon angefangen. Afrika und Indien wird man abriegeln und "sich selbst überlassen". Die dortigen Oligarschen können sich für viel Geld einen Paltz im Rettungsboot kaufen -- Ich stelle mir vor, dass die Menschheit schrumpfen wird, aber die Privilegierten sich in POlkappennähe in "Survival-Festungen" einigeln und dort auch die Technologien entwickeln, wie man Proteine ("Astronautenfutter") produziert, die man so braucht. Irgendwo werden auch in der Natur noch Ökosysteme übrig bleiben, mit denen man die Käfer oder Würmer füttern kann, aus denen man dann die Proteinkekse herstellt. -- Klar gibt es Risiken, an die das Ganze System zum Einsturz bringen können (dh zum Aussterben der Population führen). Aber ich sehe trotz allem eine Chance, dass eine REstpopulation in solchen "Survival-Forts" auch einen Anstieg um 10 Grad wird überleben können, auf unbestimmte Zeit.
AntwortenLöschenDie Erhöhung von CO2 geht jetzt wesentlich rascher als am Ende des Perm vor ca. 260 Mio Jahren als die Mehrheit der Biosphäre zugrundeging, die grösste Biokatastrophe, die es je gegeben hat. Wir haben ja auch nicht nur die Erwärmung, sondern das Massensterben der Insekten, Seetiere und anderen Arten hat schon begonnen. Dann haben wir den Wassermangel, der einen Viertel der Menschheit bedroht. Dann haben wir den Mangel, der für viele Rohstoffe in der Mitte des Jahrhunderts einsetzen sollte, der Club of Rome hat dafür ganz robuste Aussagen gemacht. Und dann haben wir die Zeitbombe Mensch, die ja unter Mangelbedingungen ganz anders reagiert, als in unserer Wohlfühlgesellschaft, in der alle meinen, sie seien so gut. Die survival-Forts werden wohl durch Taliban-ähnliche Verbände gestürmt und gesprengt werden. Dann reiben sich die verschiedenen Gruppen unter Warlords auf, wie wir das jetzt im Mittleren Osten und Nordafrika beobachten können. Masseninternierungslager für missliebige Populationen, Giftgas und Atomwaffen bleiben Optionen. Ein Autor hat das mit dem Dante'schen Inferno verglichen. Wir sehen ein Abbröckeln der Zivilisation ja schon da und dort, Trump, AFD, Bolsonaro, Gelbwesten. Ich rechne mit weiteren Entwicklungen in dieser Richtung in den nächsten 10 bis 20 Jahren. Und wie der Professor für Chemie Ugo Bardi in seinen lesenswerten Schriften begründet wird es dann plötzlich sehr schnell gehen. Wir werden ja sehen.
LöschenGelbwesten?! -- Also das verstehe ich alles, versuche aber vom absoluten Minimum her zu denken, und dann aber positiv. Nicht was "nicht geht" sondern: Was geht! Was trotz allem noch möglich wäre. Auch bei 9 Grad Erwärmung an Land und wenn nur 1-2 Prozent der Arten überleben. -- So wie man früher immer Konzepte ausgedacht hat, wie man auf dem Mars überleben könnte. -- Auch eine um 10 Grad wärmere Erde müsste zur menschlichen Bewohnung immer noch besser geeignet sein als der Mars. Und dann kommt noch die Erbschaft dazu. Wenn man heute Lebensmittel hortet (Strategische Reserve, Milchpulver etc.), dann kann man sich billig die Menge beschaffen, von der, sagen wir, 20 k Menschen viele Jahrzehnte leben könnten. -- Ich habe gehört, dass es Milliardäre gibt (Pay-Pal-Erfinder Peter Thiel zB), die so was längst machen. -- Also für diese Technologien gibt es schon jetzt einen Markt. -- GErade weil das so asozial ist, so archaisch und brutal, gerade darum interessiert mich auch die Frage prinzipiell: Haben die Survival Forts überhaupt irgendeine Chance? Oder sind die bestenfalls Sterbekammern, wo das Licht dann halt erst ein paar Jahre später ausgeht?
AntwortenLöschenMich wundert, wie sehr die Diskussion auf die Zeit bis 2100 beschränkt bleibt. So als ob ein bis dahin erreichtes Klimaziel (sagen wir mal, es wären wirklich nur die 1,5 bis 2 Grad) die Menschheit aus dem Schneider bringen würden. Solange sich die Erde weiter erwärmt, kann sich die globale Ökologie nicht stabilisieren. -- Was haben wir davon, wenn die tödliche Schwelle von, sagen wir mal 6 (oder 8) Grad erst 2200 oder 2250 erreicht wird? -- Für einen Historiker sind das keine langen Zeiträume. -- Bis 2100 sind es schlappe 80 Jahre, nicht mehr als seit 1940. Und an 1940 können sich meine Eltern noch gut erinnern! Und in meiner Jugend habe ich LEute vom Kaiserreich erzählen hören. Das war die Zeit, wo man glaubte, dass man sich im Jahr 2000 mit Flugtaxis fortbewegen würde. -- Gemessen an dem, was kommen wird, hat sich in der Schweiz seit 1940 gar nicht so schrecklich viel verändert. (Abgesehen von ein paar Autobahnen und Wohnvierteln). -- In Deutschland muss heute noch der Verkehr immer wieder gesperrt werden, wenn irgendwo Fliegerbomben entschärft werden.-- 80 Jahre, das ist "nichts"! -- Eine sinnvolle Diskussion müsste den Zeitraum bis zum Erreichen der Höchsttemperatur zur Grundlage machen, auch wenn wir ihn nicht vorhersagen können. -- Jedenfalls sind die Klimamodelle inzwischen gut genug, um dazu "qualifizierte Vermutungen" anzustellen.
AntwortenLöschenKlar ein Historiker überblickt Jahrtausende, aber post festum. Voraussagen sind schwieriger, und meistens falsch. Und nachdem auf die katastrophalen Voraussagen für 2100 niemand reagiert ist es auch nicht sehr zielführend, Voraussagen auf länger hinaus machen zu wollen.
LöschenWenn man klar sagen würde, dass die Erwärmung 2100 nicht einfach aufhört (nur weil das Jahrhundert vorbei ist), dann würde das schon helfen. -- Mir sind noch einige Fragen eingefallen, zT persönlich, sonst fachlich -- Kannten Sie Hoimar v Ditfurth?! WAs hielten/halten sie von seinem 1985er Bestseller "Apfelbäumchen". Dort prognistizierte er den Kollaps der Biosphäre "innerhalb von 2 Generationen", und das interessanterweise OHNE Hinweis auf die Erderwärmung. Das Artensterben reichte ihm schon. -- Frage2: Kann es nicht ein "Wunder" geben, einen rettenden "DEus ex Machina"? Etwa wenn ein Genie ein Verfahren entdeckt, wie man das Co2 schnell und billig der Atmosphäre entziehen kann?! -- Wenn die Katastrophe aber unausweichlich ist, dann könnte sich die Menschheit von heute einen "schönen Feierabend" gönnen. Nix mehr mit schaffe schaffe Häusle baue, sondern einfach noch ein wenig Party machen a la Pompadour: Apres nous le deluge?!
AntwortenLöschenJa wenn es nur das ist: Wir können uns vorstellen, dass die Erde ein Topf ist, der auf dem Herd aufgewärmt wird. Beim Herd kommt es auf die Grösse der Gasflamme an. Bei der Erde ist die Grösse der Erwärmung zunächst abhängig von der CO2-Konzentration. Je höher diese ist, desto schneller geht die Erwärmung. Deshalb ist die von Auge sichtbare Beschleunigung der Temperaturanstiegskurve veständlich. Aktuell beträgt die Steilheit der Kurve 3,3 Grad pro Hundert Jahre. Weil das CO2 weiter ansteigt wird auch dieser Wert grösser werden, solange das CO2 steigt.Das hängt mit keiner Jahreszahl zusammen. Selbst wenn man die CO2-Konzentration schlagartig durch globales Netto Null schlagartig stabiliseren könnte, so würde die Erwärmung trotzdem noch jahrzehntelang weitergehen, weil das Gleichgewicht erst langsam erreicht wird.
LöschenJames Hansen ist der Meinung, dass nur eine CO2-Konzentration von 350 ppm sicher sei und nicht die aktuelle von über 410 ppm.
Zum CO2 kommen andere Treibhausgase wie Methan oder Luftfeuchtigkeit.
Wiederum James Hansen meint, dass letztlich matchentscheidend die langsamen Feedbackschleifen seien, das sei schon in früheren Erderwärmungsphasen so gewesen. Ich habe Tendenz, Hansen zu glauben, hat er schliesslich die ganze Erwärmung bis jetzt schon 1988 korrekt vorausgesagt.
Hoimar von Ditfurth habe ich nie gelesen. Unser Start war damals der Bericht des Club of Rome von 1972, der den Kollaps der Ökosysteme "Mitte des 21. Jahrhunderts" voraussagte. Ich habe den Bericht letzthin wieder gelesen, die Überlegungen sind ganz zwingend und robust und bisher nicht widerlegt.
Das lässt mich auch an einem Deus ex machina zweifeln: Schon ohne Klimaerwärmung ist es aussichtslos, kommt die Klimaerwärmung dazu und dann die langsamen feedbacks, die das IPCC kaum erwähnt und oben drauf die Natur des Menschen, die das Ganze mit Waffen, Gas- und/oder Atomkrieg verzieren wird. Das ist doch ein mehrfacher Overkill.
Erstaunlich nur, dass das niemand sehen will.
Tout va bien Madame la Marquise...
Also so ganz privat versuche ich, die Zukunft philosophisch zu erfassen. Und da landet man bei Vorbildern. Den Hoimar v D (übrigens Papa der Jutta) habe ich gar nie gelesen. Aber ich erinner mich das Buch damals, 1985, überall in den Schaufenstern der Buchläden gsehen zu haben. Nun ja.
AntwortenLöschenAlso ich versuche so Kategorien zu entwickeln, um das alles zu erfassen. So zB: Peak-Heat oder Temperaturmaximum. = Die Höchsttemperatur, die der Globus erreichen wird, bevor es wieder kühler wird. Natürlich kann heute keiner sagen, wie hoch das genau sein wird. Aber es dient uns dazu, die Epochen zu unterscheiden: Davor und danach. -- Erst danach wird sich ein Ökosystem wieder stabilisieren können. Erst danach wird die evt noch vorhandene Menschheit die Frage nach ihrer Fortexistenz vorsichtig positiv beantworten können. Vorher nicht. -- Also ich unterscheide: Pre-Peak und Post-Peak. Zwei erdgeschichtliche Zeitalter. --
Kommentare zum Zeitgeschehen:
AntwortenLöschen(1) Nord-Stream. Vom Klimastandpunkt aus gesehen ist jede Gaspipeline eine zu viel. Aber wenn Politiker das Richtige tun, dann immer aus den falschen Gründen.
(2) In Deutschland gab es 2020 einige Versuche von Aktivisten, auf illegale Weise den Betrieb von Kohlekraftwerken zu unterbrechen. Erst in Weisweiler, dann in Mannheim. Das geschieht im Umfeld einer Gruppe, die "Zucker im Tank" heisst oder so ähnlich. Aber nur die Lokalpresse hat berichtet, die Überregionalen sind verdächtig still.