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Mittwoch, 2. März 2022

NZZ und Tagi verdrehen den Club of Rome-Bericht

Vor einer Woche hat sich Redaktorin Frau Claudia Mäder von der NZZ gemeldet, weil sie über den 50. Jahrestag des Berichts des Club of Rome schreiben wollte. 

Ich habe darauf kontrolliert, ob sie sich an der unsäglichen Hetze der NZZ-Redaktion gegen Greta Thunberg und die Klimajugend beteiligt hatte (NZZ gegen Wissenschaft), habe aber nichts gefunden. Was Frau Mäder über Greta Thunberg geschrieben hatte war vertretbar und fair.

So habe ich mich interviewen lassen und meine Aussagen wurden richtig wiedergegeben. Danke. Ich habe Frau Mäder auch dringend empfohlen, den Bericht des Club of Rome ganz genau zu lesen, weil er immer wieder falsch zitiert wird, um ihn zu entkräften. Das Gratis- pdf fände sich hier, wenn man es denn lesen wollte: https://www.donellameadows.org/wp-content/userfiles/Limits-to-Growth-digital-scan-version.pdf

Aber auch Frau Mäder ist offenbar nicht fähig, den Inhalt eines Sachberichts korrekt zu aufzufassen, wenn sie widerspruchslos einen Wissenschaftshistoriker mit der Aussage zitiert, man habe auch berechnet, was bei einer Verdoppelung der damals bekannten Ressourcen herauskomme (Club of Rome: Was hat "Die Grenzen des Wachstums" bewirkt? (nzz.ch)). 

Aber tatsächlich haben die Autoren nicht mit einer Verdoppelung, sondern mit einer Verfünffachung der bekannten Ressourcen gerechnet (Seite 56 ff des oben verlinkten Berichts): Auch mit dieser hohen Sicherheitsmarge verschob sich die Ressourcenverknappung bei weiterem exponentiellem Wachstum lediglich um einige Jahrzehnte, grob gesagt also von der ersten in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts. 

Was sich trotz einer Verfünffachung der Ressourcen oder einer Verdoppelung der bekannten Agrarfläche nicht verschob war der Ökokollaps durch die Umweltverschmutzung, der ja jetzt schon unübersehbar begonnen hat: Kritisch sind nicht nur die steigenden Treibhausgase (im Bericht schon erwähnt!), sondern auch die Pestizide, die zusammen mit der Klimaerwärmung nicht nur zu einem weltweiten Insekten- und Vogelsterben geführt haben, sondern auch bis zu einer Halbierung der menschlichen Spermienzahl in den sog. "entwickelten" Ländern (Pesticides result in lower sperm counts – Harvard Gazette). Dazu kommt die Dezimierung der Meerestiere durch Plastikvermüllung und Ozeanversauerung, die Beispiele liessen sich beliebig mehren. 

Die Abwehr gegen diesen Bericht fusste und fusst immer auf dieser angeblich vorausgesagten und nicht eingetroffenen Verknappung der Ressourcen. Sie findet sich z.B. beim uninformierten NZZ-Wirtschaftsredaktor Eisenring (https://www.nzz.ch/meinung/ewiges-wachstum-ist-kein-hirngespinst-ld.1564968) und im unsäglichen heutigen Artikel von Wirtschaftsredaktor Sergio Aiolfi (https://www.nzz.ch/wirtschaft/club-of-rome-die-grenzen-des-wachstums-ld.1671750 ), welche beide den Bericht des Club of Rome gar nicht genau gelesen haben können. Der gute Aiolfi meint sogar, dass sich durch den Rohstoffpreis regulieren lasse, was nicht mehr vorhanden sei. Weiss er denn nicht, dass ein zu kleines "Energy return of investment" (EROI https://www.resilience.org/stories/2022-02-22/dennis-meadows-on-the-50th-anniversary-of-the-publication-of-the-limits-to-growth/) den Abbau der Energieträger abwürgt (dem ist die alte Sowjetunion zum Opfer gefallen), und, dass, wo nichts ist auch der Kaiser sein Recht verloren hat?  

Die Hoffnung, dass der Tages-Anzeiger einem besser informiere zerschlägt sich mit diesem Artikel: Faktencheck zum Umweltalarm – 50 Jahre «Grenzen des Wachstums»: Lag der Club of Rome richtig? | Tages-Anzeiger (tagesanzeiger.ch). Auch er behauptet wahrheitswidrig, dass der Club of Rome eine Ressourcenverknappung schon für den jetzigen Zeitpunkt vorausgesagt habe. Hat er eben nicht. 

Derweil tobt in der Ukraine schon ein Ressourcenkrieg, der nicht der erste ist und nicht der letzte sein wird. Dort geht es um die Kornkammer Europas in Zeiten sich abzeichnender Dünger- und Nahrungsknappheit; um die Hälfte der Weltproduktion an Neon, welches für die Chipproduktion unerlässlich ist; und um die Kontrolle über Gasexportleitungen.


Ich muss somit feststellen, dass weder die NZZ- noch die Tagi-Redaktoren fähig oder willens sind, einen klaren Bericht richtig aufzufassen und wiederzugeben, etwas, was – wenigstens noch im letzten Jahrhundert  - zu den Anforderungen der Gymnasialoberstufe gehörte. 

Offenbar wird das Wissen um die Realität durch den Glauben an die Wachstumsreligion verstellt.

 



1 Kommentar:

  1. Dazu Blaise Pascal, der das innere Gleichgewicht lebender Organismen als Erster beschrieben hat (welches in der gesamten Biosphäre ebenfalls gilt): (aus Wikipedia): "In der Zwischenzeit gibt es diejenigen, deren "Verstand gebunden und verkrampft ist"[33] Sie wehren sich gegen die Entdeckung des Unbekannten (was "im Allgemeinen eine unvorhergesehene Beziehung ist, die nicht in der Theorie enthalten ist"), weil sie nichts entdecken wollen, was ihre eigenen Theorien widerlegen könnte. Bernard nennt sie "Verächter ihrer Mitmenschen" und sagt: "Die vorherrschende Idee dieser Verächter ihrer Mitmenschen ist es, die Theorien anderer für fehlerhaft zu halten und zu versuchen, sie zu widerlegen."[34] Sie sind trügerisch, denn in ihren Experimenten berichten sie nur Ergebnisse, die ihre Theorien richtig erscheinen lassen, und unterdrücken Ergebnisse, die ihre Rivalen unterstützen. Auf diese Weise "fälschen sie die Wissenschaft und die Fakten":

    Sie machen schlechte Beobachtungen, denn sie wählen unter den Ergebnissen ihrer Experimente nur das aus, was zu ihrem Gegenstand passt, vernachlässigen alles, was damit nicht zusammenhängt, und lassen sorgfältig alles beiseite, was zu der Idee tendieren könnte, die sie bekämpfen wollen.[34]
    Entdeckend vs. Verachtend. Den "Verächtern ihrer Mitmenschen" fehlt der "glühende Wunsch nach Erkenntnis", den der wahre wissenschaftliche Geist immer haben wird - und so wird der Fortschritt der Wissenschaft niemals von ihnen aufgehalten werden. Bernard schreibt:

    Das glühende Verlangen nach Wissen ist in der Tat das einzige Motiv, das die Forscher in ihren Bemühungen anzieht und unterstützt; und gerade dieses Wissen, das sie wirklich begreifen und doch immer vor ihnen herfliegen, wird zugleich ihre einzige Qual und ihr einziges Glück....Ein Mann der Wissenschaft erhebt sich immer auf der Suche nach der Wahrheit; und wenn er sie nie in ihrer Gesamtheit findet, so entdeckt er doch sehr bedeutende Fragmente; und diese Fragmente der universellen Wahrheit sind genau das, was die Wissenschaft ausmacht.[35]"

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