Im Nebel der Diskussion über Wokeness, Identität, Gender
und Diversity gibt es einen Schwerpunkt, der mit Abgrenzung, Infragestellen
oder Abschwächung der Männlichkeit zu tun hat. Gleichzeitig beobachtet man
weltweit seit 1950 eine Abnahme von Zahl und Qualität der Spermien mittlerweile
auf unter die Hälfte, und das Testosteron sinkt um ein Prozent pro Jahr. Gibt
es Zusammenhänge?
Empfindlicher männlicher Embryo
Von den ursächlichen Faktoren für die dramatische Abnahme von Spermien und Testosteron waren Stress, Alkoholexzesse und Nikotin schon immer vorhanden, und die ebenfalls angeschuldigten Mobiltelefone und die COVID-Impfung kamen erst Jahrzehnte später. Übergewicht und Trainingsmangel haben zwar zugenommen, scheinen aber den Testosteronabfall nicht zu erklären.
Hingegen sprechen Befunde an Tier und Mensch sowie epidemiologische Daten für einen Einfluss von Chemikalien, welche Hormonwirkungen blockieren oder simulieren, die sogenannten endokrinen Disruptoren. Wichtig vor allem die Phthalate, jene Weichmacher, die aus Plastikverpackungen in die Nahrung gelangen, die aber auch in Kosmetika, Duschgels und Sonnencrèmen enthalten sind. Sie blockieren das Testosteron.
Hochempfindlich ist der männliche Embryo: Bei ihm wird die Hodenentwicklung gestört und damit die spätere Testosteron- und Spermienproduktion (1). Entsprechend nehmen nicht nur die Spermien ab auf bisher knapp die Hälfte des Ausgangswertes, sondern in Europa, Israel und den USA auch die Testosteronspiegel, und zwar um etwa 1 Prozent pro Jahr und mehr. Da auch die Abnahme des Testosterons seit Jahrzehnten dokumentiert ist wird man nicht weit fehl gehen, wenn man auch eine totale Abnahme des Testosterons auf etwa die Hälfte annimmt. Gemessen an diesen Produkten der Hoden - Spermien und Testosteron - sind die Männer alle einer Hemikastration (Entfernung eines Hodens) unterworfen.
Testosteron und Verhalten
Testosteron prägt den männlichen Körpertyp. Auch das sexualtypische Verhalten ist nicht nur soziales Konstrukt, prägt doch Testosteron schon in der Schwangerschaft die typisch männliche Vorliebe für Ballspiele, Autos und Waffen vor Puppen. Testosteron bremst bei Buben auch die Sprachentwicklung und nach der Pubertät fördert es Muskelentwicklung, Muskelkraft, Libido, Potenz, Dominanz, Aggressivität und Territorial- sowie Risikoverhalten (4, 5).
Der berühmte Kastrat Farinelli |
Dass endokrine Disruptoren tatsächlich das testosterongesteuerte sexualtypische Verhalten ändern, beweisen Beobachtungen an männlichen Kleinkindern und jungen Schimpansen: Wenn sie normalerweise lieber mit Autöli spielen als mit Puppen, so kehrt sich das unter Phthalaten um, und gleichzeitig beschleunigt sich die Sprachentwicklung dieser Buben ähnlich wie bei den Mädchen (1).
Testosteron und Gesellschaft
Ein gesellschaftlicher Testosteroneffekt ist seit langem bekannt: Junge Männer haben viel mehr Autounfälle als junge Frauen, auch bezogen auf gefahrene Kilometer – eine Folge des testosteroninduzierten Risikoverhaltens. Auch Jagd, Territorialverteidigung, Mord, Totschlag und Krieg sind seit Menschengedenken vor allem Geschäft der Männer, also des Testosterons.
Wenn wir die Männerwelt flächendeckend einer chemischen Kastration unterwerfen, derart, dass bezüglich Spermien und Testosteron schon die Hälfte der Männlichkeit flöten gegangen ist, so muss das Auswirkungen auf testosteronabhängige Eigenschaften haben, individuell, aber auch kollektiv in der Gesellschaft. Schauen wir hin:
- Wenn Testosteron abnimmt müsste man abnehmendes sexuelles Interesse erwarten: Und tatsächlich hört man aus vielen Quellen und Ländern von abnehmendem sexuellem Interesse, bis zur Asexualität. Die Flaute in den Schlafzimmern wird beklagt und immer mehr Menschen leben freiwillig oder unfreiwillig ohne Partnerschaft. Einsame Japaner begnügen sich mit Mietfamilien, oder sogar mit lebensgrossen Puppen, die über eine kleine künstliche Intelligenz verfügen. Und Japanerinnen heiraten sich selber. Auch die von Frauen produzierten kleinen Testosteronmengen sind unerlässlich für Libido und sexuelle Empfindungsfähigkeit - Phthalate stören nachgewiesenermassen beides (1).
- Wenn Testosteron abnimmt, muss sich der Unterschied zwischen Buben und Mädchen verwischen; Und tatsächlich, während sich die Welt in meiner Jugend klar in Buben und Mädchen teilte herrscht heute eine zunehmende Verwirrung über Rollen und Zugehörigkeit der Geschlechter, mit endlosen Genderdiskussionen, sowie Häufung von Genderdysphorie und Geschlechtsumwandlungen. Die Jusos wurden zur heterofreien Zone, nicht-binäre Stimmen wollen Anerkennung und Vertretung, und Nemo gewinnt den European Song Contest. ist nicht genau das zu erwarten, wenn wir unseren Nachwuchs Substanzen aussetzen, welche Hormonwirkungen abschwächen oder verfälschen?
- Wenn Testosteron abnimmt nimmt die männliche Potenz ab: Und tatsächlich werden heute Potenzstörungen auch bei jüngeren Altersgruppen häufiger (1).
- Ohne Testosteron neigen Männer zum Fettansatz. Und tatsächlich beobachtet man eine weltweite Epidemie von Übergewicht, zu der wenigstens bei Männern ein Testosteronmangel beitragen könnte.
- Weniger Testosteron liesse weniger Risikoverhalten und weniger Verkehrstote voraussagen; Und tatsächlich beobachtete man in den letzten Jahrzehnten eine dramatische Abnahme der Verkehrstoten, die vielleicht nicht nur mit Sicherheitsgurten, Tempolimiten, besseren Strassen und besseren Autos zusammenhängt, sondern auch mit einem sinkenden Testosteronspiegel.
Soweit das Naheliegendste: Aber Testosteron wirkt auch
auf Selbstbehauptung, auf das Aggressions- und Territorialverhalten. Auch das
kann man überprüfen, auf die Gefahr hin in politisch nicht ganz korrektes
Territorium und in Denkverbote zu geraten:
- Testosteron unterstützt Selbstbehauptung und Durchsetzungsvermögen: Wenn es fehlt, weicht man Auseinandersetzungen aus, zieht den Schwanz ein und zieht sich zurück. Und tatsächlich, in der "Cancel-Culture" gilt nicht mehr die ritterliche und hochinteressante Pflicht, sich einem gegnerischen Standpunkt zu stellen - man könnte ja dabei ja lernen, wachsen und sich im besten Falle sogar einigen... Ja, die Waffe der Frau ist beleidigter Liebesentzug, aber solche Gesprächsverweigerung ist ein feiges und unmännliches Verhalten. Fehlt vielleicht hier das Testosteron, das nötig wäre, um einen Konflikt auszuhalten?
- Testosteron unterstützt bei Tieren Territorialverhalten und Territorialverteidigung, wird teils bei Territorialkämpfen sogar ausgeschüttet. Seine Verminderung würde Verminderung solchen Verhaltens erwarten lassen. Tatsächlich beobachtete man seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts neu die weinenden Rekruten, die sich nicht vorstellen konnten, auf jemanden zu schiessen. Dienstverweigerer nahmen zu, die Armeeabschaffungsinitiative fand 36 Prozent Zustimmung, mit dem Zivildienst begann das postheroische Zeitalter, die USA und auch die Schweiz haben Mühe, Soldaten für die Armee zu finden und die Interlakener Tellspiele werden abgeschafft. Uns Älteren schien das angesichts von Drittem Reich, von Ungarnaufstand und Prager Frühling nichts als blauäugig, eine Ansicht, die man erst seit dem Ukrainekrieg wieder vertreten darf. Und man erinnert sich: Unter Phtalaten spielen Buben und Schimpansen lieber mit Puppen.
- Ebenfalls durch mangelnde Territorialkontrolle könnte möglicherweise die Tatsache erklärt sein, dass Deutschland ab 2015 Hunderttausende von Flüchtlingen ins Land strömen liess, ohne auch nur einen ernsthaften Versuch zu machen, deren Identität und Herkunft zu kontrollieren. War das ein Defizit des testosterongesteuerten Territorialverhaltens? Die Frage lässt sich jedenfalls stellen.
- Und ebenfalls auf mangelnde Selbstbehauptung könnte der Sachverhalt hinweisen, dass 2016 auf dem Kölner Domplatz Hunderte von Migranten Hunderte von Deutschen Mädchen und Frauen belästigen konnten, ohne dass die ebenfalls anwesenden Deutschen Männer eingeschritten wären. Noch zu Gotthelfs Zeiten (1850) hätte das selbstverständlich eine handfeste Schlägerei gegeben. Fehlte hier möglicherweise Testosteron für den männlichen Protest?
Jenseits des
Testosterons
Die Auffälligkeiten gehen über die Spermien und die Testosteronwirkung hinaus: Weltweit beobachtet man eine Vorverlegung der Pubertät bei Mädchen, was das spätere Brustkrebsrisiko erhöht. Nicht nur Männer, auch Frauen werden weniger fertil. Der immer häufigere Brustkrebs betrifft schon eine in acht Frauen, und die Endometriose eine unter zehn. Auch hier inkriminiert die Epidemiologie endokrine Disruptoren, diesmal solche mit Östrogen- und Progesteronaktivität, u.a. gewisse Phthalate, Bisphenole, daneben Pestizide und Haarfärbemittel.
Auch Autismus, Verhaltensstörungen und vielleicht auch ADHS scheinen zuzunehmen. Inkriminiert sind neben Luftverschmutzung gewisse Pestizide (Organochlorine, Organophosphate, Pyrethroide), PCB und wiederum Phthalate.
Ungelöstes Problem
Experten und Fachgesellschaften warnen seit Jahren und fordern u.a. eine Umstellung der Nahrungsverpackung auf Glas (2), während für die Behörden direkte Beweise fehlen, und man schon genügend und erfolgreich gehandelt habe (3). Nur werden direkte Beweise immer fehlen, weil Experimente am Menschen nicht möglich sind, und angesichts des mit 2 Prozent pro Jahr fortschreitenden Spermienschwundes ist das Problem ungelöst.
Die Wokeness schützt sich vor Selbsterkenntnis
Als Arzt und Biologe schaue ich die Menschen an wie ein Zoodirektor seine Tiere (im Parlament kam ich mir immer vor wie auf einem Affenfelsen): Viele Leute reagieren mit Unverständnis auf solche Betrachtungen. Aber wie war das doch? Fehlt das Testosteron, das nötig wäre, um sich einer unbequemen und politisch nicht ganz korrekten Diskussion zu stellen? Don't look - down...
Literatur
- Shanna Swan, Count Down, Scribner, 2021.
- In unser Essen gelangen Mikroplastik und Weichmacher: Sollten wir deshalb auf Behälter aus Kunststoff verzichten? Interview mit Prof.M.Wilks, Neue Zürcher Zeitung vom 24.1.2024:
- Factsheet Phtalate des BAG, Mai 2021: https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/themen-a-z/factsheet-phthalate.pdf.download.pdf/factsheet-phthalate_de.pdf
- Annemarie Allemann-Tschopp: Geschlechtsrollen - Versuch eine Interdisziplinären Synthese, Hans Huber-Verlag 1979.
- Carole Hooven: T wie Testosteron, Ullstein, 2022 (engl. Original als ebook für Fr. 3.00 erhältlich)
- Weitere Literatur beim Verfasser.
Was bist du denn für eine Lachnummer hahaha
AntwortenLöschenKann nur wiederholen: Jede der vorstehenden Aussage beruht auf wissenschaftlichen Untersuchungen, oft mehrere und übereinstimmende: Ich liefere sie auf Anfrage gern, aber man kann auch googeln. Es wurden diese Fakten zusammengestellt und dann Fragen gestellt. Nur wer von Biologie nichts versteht kann dadurch empört sein und wie Morgensterns Palmström reagieren: "Also schliesst er messerscharf, dass nicht sein kann was nicht sein darf".
AntwortenLöschenSelbstverständlich sind Verhaltensmuster auch sozial geprägt; aber deswegen die biologischen Einflüsse nicht wahrhaben zu wollen, ist nicht «woke», sondern dumm.
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