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Freitag, 10. Mai 2024

Der AHV gehen die Spermien aus

(Erstmals erschienen auf Inside-Paradeplatz am 10.5.2024)


Spermien und Testosteron gehen zurück, mit versicherungstechnischen und gesellschaftlichen Folgen: Zuviel für den Tages-Anzeiger.

Mutter Natur will vom Mann nur eines: Dass er Spermien produziere und in einer fruchtbaren Frau deponiere.

Der Mann als Betrieb. Und die Spermien als Dividende, die zwei- dreimal pro Woche ausgeschüttet wird, normalerweise 50-500 Millionen aufs mal.

Natur braucht Überfluss: Unter 40 Millionen beginnt es mit der Fortpflanzung zu hapern.

Erstmals gesehen hat die (eigenen) Spermien der mikroskopierende Tuchhändler Anthony van Leuwenhoek in Delft. Das war vor dreihundertfünfzig Jahren.

Er betrachtete sie als kleine Tierchen, jedes ein vorgebildetes Menschlein enthaltend.

Man zählt sie wie Blutkörperchen, das kann man seit 150 Jahren. Die Zählung ist keine Meinung, sondern ein Messresultat, das man nicht verändern, nur interpretieren kann.


1992 kam der erste Bericht aus Dänemark über einen dramatischen Spermienrückgang seit circa 1950. Nach Skepsis bestätigte sich der Befund in westlichen Ländern.

Eine Übersicht kam 2017 auf einen Rückgang von rund einem Prozent pro Jahr auf weniger als die Hälfte. Das männliche Sexualhormon Testosteron sinkt parallel. Ungewollt kinderlose Paare werden häufiger.

So wird die männliche Zeugungskraft ab etwa 2045 erlahmen. Für die AHV vernichtend. Ohne Trendumkehr bleibt nur die Hoffnung auf die Retorte, oder auf fruchtbare südländische Migranten.

Immerhin schlafen wir ruhig, wissen wir doch von Frau Dreifuss und Herrn Maillard, dass die AHV gesichert ist. Es lebe der fröhliche Ausbau.

2022 ergaben neueste Befunde eine beschleunigte Abnahme bis auf 2 Prozent im Jahr. Auch in Asien, Afrika und Südamerika. Keine Trendumkehr. Reproduktionsprobleme schon vor 2045.

Und wenig Hoffnung auf fruchtbare südländische Migranten.

In den Medien war neuerdings viel die Rede von der AHV, aber der Spermienrückgang blieb in diesem Zusammenhang weitgehend unerwähnt.

Angesichts der Überbevölkerung ja nicht so schlimm. So könnten wir zur Tagesordnung übergehen, wie bei den Bienen, den anderen Insekten und den Singvögeln.

Immerhin lassen mich drei Fragen nicht los:

1. Wo bleiben die Abtreibungsgegner, nachdem wir über die Hälfte der Spermien killen? Diese enthalten zwar keine Menschlein, sind aber eine Art Vormenschlein. Und wer weiss, vielleicht haben sie sogar eine kleine Seele.

2. Der sinkende Testosteronspiegel spricht für Hormonstörung. Viele Indizien beschuldigen die Weichmacher aus dem Plastik. Sie verfälschen Hormonwirkungen, und wir nehmen sie unter anderem über Milchflaschen und Yoghurtbecher auf.

Das französische Parlament hat sie soeben verboten. Was macht eigentlich unser Parlament, was macht Albert Rösti?

3. Als Arzt und Naturbeobachter war ich ein Leben lang fasziniert, wie Hormone die Organe und das Verhalten steuern. Im Selbstversuch spürte ich mit Cortison oder Testosteron subjektive Effekte.

Wenn jetzt das Testosteron parallel zu den Spermien sinkt: Was macht eine flächendeckende Testosteronsenkung auf das gesellschaftliche Bewusstsein und Verhalten?

Dazu gibt es keine Beweise. Aber ziemlich viele Anhaltspunkte. Die kann man interpretieren, und dazu kann man eine Meinung haben.

Nachdem ich nicht nur spezielle Kenntnisse der Hormonwirkung hatte, sondern auch ein in der Politik geschärftes Bewusstsein für gesellschaftliche Fragen, bildete ich mir ein, dass meine informierte Interpretation und Meinung vielleicht interessiere.

Und schickte sie der Meinungsseite des Tages-Anzeigers.

Nur hatte der Meinungsredaktor, für den ich früher gelegentlich geschrieben hatte, das Ressort gewechselt. Dem neuen Redaktor war der Artikel zu lang.

Ich kürzte auf 3’000 Zeichen. Da meinte er, das sei eher für das Wissenschaftsressort.

Der Wissenschaftsredaktor stampfte mich ungespitzt in den Senkel: Für derart unbewiesene Behauptungen stehe seine Zeitung nicht zur Verfügung.

Nur, es war nicht eine Behauptung. Lediglich eine Interpretation bekannter Tatsachen für die Meinungsseite. Klar, sie ging über den heute üblichen und voraussehbaren Chat-GPT-Journalismus hinaus. Ist das wirklich zu gewagt für Zürich?

Wollen wir weiter diskutieren, oder es doch lieber lassen?