(Erschienen auf Insideparadplatz.ch am 25.12.2020, mit bisher 166 meist feindseligen Kommentaren, aktualisiert am 22.3.2021)
Diesen
Nobelpreis kann man voraussagen: Noch nie war eine Impftechnik so sauber und elegant wie
die neue mRNA-Impfung bei COVID. Wie war das denn früher?
Beim
Impfen gegen Viren brachte man immer Virusbestandteile in den Körper ein,
welche er zu erkennen und neutralisieren lernen sollte. Aber so einfach war das
nicht.
Impfen ist ein "messy business"
Jahrhundertealt
ist die absichtliche Infektion mit dem vermehrungsfähigen Kuhpockenvirus,
welches für Menschen harmlos ist, aber vor Pocken schützt. Ein
vermehrungsfähiges Virus steckte auch in der Schluckimpfung gegen die
Kinderlähmung. Zwar war es abgeschwächt, selten verursachte es trotzdem
Lähmungen wie die echte Polio. Man verwendet deshalb heute den abgetöteten
Impfstoff nach Salk. Aber auch das Abtöten ist ein kritischer Schritt, der
beherrscht werden muss und schiefehen kann.
Dr.Jenner gewinnt Kuhpockenvirus |
All diesen Methoden gemeinsam sind zeitraubende und störungsanfällige Schritte, sowie das Einbringen von Fremdsubstanzen oder Fremdviren, die mit dem Impfzweck rein nichts zu tun haben. Diese Schwierigkeiten nimmt man in Kauf, weil viele Impfungen derart wirksam sind: Pocken und die Kinderlähmung sind zur Zeit keine Bedrohung mehr. Risiken und Aufwand haben sich gelohnt.
Der Vorteil der mRNA-Technik
Mit
einer COVID-Impfung nun müsste
man eigentlich nur Abwehrstoffe gegen das Eiweiss der Virushülle erzeugen, mit
dem das Virus an den Zellen andockt. Ist dieses Eiweiss durch Antikörper
blockiert, kann das Virus nicht mehr andocken. Mit den alten
Methoden wäre das auch zu erreichen, und die oben genannten COVID-Impfstoffe machen das
auch.
Aber
mit der RNA-Impfung wird man die meisten Zwischenschritte und Risiken los. Mit
der mRNA gibt man dem menschlichen Organismus lediglich einen Bauplan, wie er
das Eiweiss, gegen das man
immunisieren will selber herstellen kann. Es gibt dabei keine vermehrungsfähigen
Viren, kein unsicheres Abtöten, keine Verunreinigungen aus Zellkulturen oder
Hühnereiern, keine Fremdeiweisse oder Affenviren. Die mRNA ist instabil, sie
kann sich nicht vermehren, zerfällt innert Stunden bis wenigen Tagen und sie kann nicht in das Erbgut eingebaut
werden.
Weil so
viele Zwischenschritte und Risiken ausgeschaltet sind geht die Entwicklung der
Impfstoffe schnell, und so
sind die beiden ersten zugelassenen Impfstoffe solche mRNA-Impfstoffe.
Zukunftsaussichten der mRNA-Technik
So neu
ist die Technik aber auch wieder nicht: Mit mRNA wird seit Ende des letzten Jahrhunderts experimentiert. Der Pionier Dr.Steve Pascolo aus
Zürich hat sich mRNA schon vor Jahren selber eingespritzt und anschliessend in
seinen eigenen Gewebeproben bestätigt, dass diese mRNA zur Bildung von
spezifischen Eiweissen führt. Eigentlich ist die mRNA-Technik ein
molekularbiologisches Lego: Man forscht nicht nur an Impfungen, sondern auch an
Anwendungen im Bereich von Herz-Kreislauf, Stoffwechsel- und Nierenkrankheiten
sowie Krebs. Dort hofft man z.B., Abwehrreaktionen zu erzeugen, die für
einen bestimmten Tumor eines bestimmten Patienten spezifisch sind.
Wegen der COVID-Epidemie hat die mRNA-Technik einen Entwicklungssprung gemacht, der sonst Jahre gebraucht hätte. Ganz sicher werden wir noch viel davon hören. Und ich würde wetten, dass die Pioniere einen Nobelpreis erhalten. Viele Firmen sind auf dem Feld tätig, aber exclusiv mit mRNA beschäftigen sich nur drei: Biontech, Moderna und Curevac. Alle mit stolzer Börsenbewertung im Multimilliardenbereich, alle mit vielen Entwicklungsprojekten, aber erst zwei mit einem zugelassenen Produkt: Die COVID-Vakzine.