Über mich

Mittwoch, 14. August 2024

Woke oder Kastriert? (Kurzversion)

Im Nebel der Diskussion über Wokeness, Identität, Gender und Diversity gibt es einen Schwerpunkt, der mit Abgrenzung, Infragestellen oder Abschwächung der Männlichkeit zu tun hat. Gleichzeitig beobachtet man weltweit seit 1950 eine Abnahme von Zahl und Qualität der Spermien mittlerweile auf unter die Hälfte, und das Testosteron sinkt um ein Prozent pro Jahr. Gibt es Zusammenhänge?

Empfindlicher männlicher Embryo

Von den ursächlichen Faktoren für die dramatische Abnahme von Spermien und Testosteron waren Stress, Alkoholexzesse und Nikotin schon immer vorhanden, und die ebenfalls angeschuldigten Mobiltelefone und die COVID-Impfung kamen erst Jahrzehnte später. Übergewicht und Trainingsmangel haben zwar zugenommen, scheinen aber den Testosteronabfall nicht zu erklären. 

Hingegen sprechen Befunde an Tier und Mensch sowie epidemiologische Daten für einen Einfluss von Chemikalien, welche Hormonwirkungen blockieren oder simulieren, die sogenannten endokrinen Disruptoren. Wichtig vor allem die Phthalate, jene Weichmacher, die aus Plastikverpackungen in die Nahrung gelangen, die aber auch in Kosmetika, Duschgels und Sonnencrèmen enthalten sind. Sie blockieren das Testosteron.

Hochempfindlich ist der männliche Embryo: Bei ihm wird die Hodenentwicklung gestört und damit die spätere Testosteron- und Spermienproduktion (1). Entsprechend nehmen nicht nur die Spermien ab  auf bisher knapp die Hälfte des Ausgangswertes, sondern in Europa, Israel und den USA auch die Testosteronspiegel, und zwar um etwa 1 Prozent pro Jahr und mehr. Da auch die Abnahme des Testosterons seit Jahrzehnten dokumentiert ist wird man nicht weit fehl gehen, wenn man auch eine totale Abnahme des Testosterons auf etwa die Hälfte annimmt. Gemessen an diesen Produkten der Hoden - Spermien und Testosteron - sind die Männer alle einer Hemikastration (Entfernung eines Hodens) unterworfen.   

Testosteron und Verhalten

Testosteron prägt den männlichen Körpertyp. Auch das sexualtypische Verhalten ist nicht nur soziales Konstrukt, zeigen doch Buben schon im Mutterleib frühere, häufigere und heftigere Kindsbewegungen als Mädchen, und in der Spätschwangerschaft prägt Testosteron die typisch männliche Vorliebe für Ballspiele, Autos und Waffen vor Puppen. Testosteron bremst bei Buben auch die Sprachentwicklung und nach der Pubertät fördert es Muskelentwicklung, Muskelkraft, Libido, Potenz, Dominanz, Aggressivität und Territorial- sowie Risikoverhalten. 

Der berühmte Kastrat Farinelli

Dass endokrine Disruptoren tatsächlich das testosterongesteuerte sexualtypische Verhalten ändern, beweisen Beobachtungen an männlichen Kleinkindern und jungen Schimpansen: Wenn sie normalerweise lieber mit Autöli spielen als mit Puppen, so kehrt sich das unter Phthalaten um, und gleichzeitig beschleunigt sich die Sprachentwicklung dieser Buben ähnlich wie bei den Mädchen (1).

Testosteron und Gesellschaft

Ein gesellschaftlicher Testosteroneffekt ist seit langem bekannt: Junge Männer haben viel mehr Autounfälle als junge Frauen, auch bezogen auf gefahrene Kilometer – eine Folge des testosteroninduzierten Risikoverhaltens. Auch Jagd, Territorialverteidigung, Mord, Totschlag und Krieg sind seit Menschengedenken vor allem Geschäft der Männer, also des Testosterons. 

Wenn wir die Männerwelt flächendeckend einer chemischen Kastration unterwerfen, derart, dass bezüglich Spermien und Testosteron schon die Hälfte der Männlichkeit flöten gegangen ist, so sollte das eigentlich Auswirkungen auf das testosteronabhängige Verhalten haben, und zwar auch kollektiv in der Gesellschaft. Bei mehreren sonst unverständlichen Phänomenen stellen sich Fragen solcher Zusammenhänge:

  • Während sich die Welt in meiner Jugend klar in Buben und Mädchen teilte herrscht in der jungen Generation eine zunehmende Verwirrung über Rollen und Zugehörigkeit der Geschlechter, mit endlosen Genderdiskussionen, sowie Häufung von Genderdysphorie und Geschlechtsumwandlungen. Die Jusos wurden zur heterofreien Zone, nicht-binäre Stimmen wollen Anerkennung und Vertretung, und Nemo gewinnt den European Song Contest. Ist nicht genau das zu erwarten, wenn wir unseren Nachwuchs Substanzen aussetzen, welche Hormonwirkungen abschwächen oder verfälschen? 
  • Neben der Verwischung der Geschlechtsrollen hört man auch aus vielen Quellen und Ländern von abnehmendem sexuellem Interesse, bis zur Asexualität. Mehr Menschen leben freiwillig oder unfreiwillig ohne Partnerschaft. Einsame Japaner begnügen sich mit Mietfamilien, oder sogar mit lebensgrossen Puppen, die über eine kleine künstliche Intelligenz verfügen. Und Japanerinnen heiraten sich selber. Testosteron aktiviert das sexuelle Interesse des Mannes, und auch die von Frauen produzierten kleinen Testosteronmengen sind unerlässlich für Libido und sexuelle Empfindungsfähigkeit - Phthalate stören nachgewiesenermassen beides (1).  
  • Ohne Testosteron neigen Männer zum Fettansatz. Muss die weltweite Epidemie von Übergewicht nicht fast durch den nachgewiesenen Testosteronmangel mitverursacht sein? 
  • Und könnte die dramatische Abnahme der Verkehrstoten in den letzten Jahrzehnten nicht nur mit Sicherheitsgurten, Tempolimiten und besseren Strassen und Autos zusammenhängen, sondern auch mit einem allgemein gesunkenen Testosteronspiegel? 
Soweit das Naheliegendste: Aber es gibt noch weitere Fragen, die wir stellen wollen, auch auf die Gefahr hin, auf politisch korrektes Territorium zu gelangen:  
  • Theleweit’s Buch "Männerfantasien" von 1977 stellte Männlichkeit in Frage und seine Kritik am faschistischen Militarismus fand auch in der Schweiz begeisterten linksgrünen Anklang, obschon sie für unsere harmlose Milizarmee eben gerade nicht zutrifft. Damals neu waren die weinenden Rekruten, die sich nicht vorstellen konnten, auf jemanden zu schiessen. Dienstverweigerer nahmen zu, die Armeeabschaffungsinitiative fand 36 Prozent Zustimmung, mit dem Zivildienst begann das postheroische Zeitalter, die USA und auch die Schweiz haben Mühe, Soldaten für die Armee zu finden und die Interlakener Tellspiele werden abgeschafft. Uns Älteren schien das angesichts von Drittem Reich, von Ungarnaufstand und Prager Frühling nichts als blauäugig, eine Ansicht, die man erst seit dem Ukrainekrieg wieder vertreten darf. Man erinnert sich: Unter Phtalaten spielen Buben und Schimpansen lieber mit Puppen.
  • Rätselhaft schien mir lange die neue Cancel-Kultur, war es doch einmal eine ritterliche und hochinteressante Pflicht, sich einem gegnerischen Standpunkt zu stellen und sich an ihm zu messen – dabei kann man lernen, wachsen und sich im besten Falle sogar einigen. Ja, die Waffe der Frau ist beleidigter Liebesentzug, aber solche Gesprächsverweigerung ist ein feiges und unmännliches Verhalten. Fehlt hier das Testosteron, das nötig wäre, um sich einem Konflikt zu stellen? 
  • Und rätselhaft, wie Deutschland ab 2015 Hunderttausende von Flüchtlingen ins Land strömen lassen konnte, ohne auch nur einen ernsthaften Versuch zu machen, deren Identität und Herkunft zu kontrollieren. War das ein Defizit des testosterongesteuerten Territorialverhaltens?¨
  • Ebenso rätselhaft, dass 2016 auf dem Kölner Domplatz Hunderte von Migranten Hunderte von Deutschen Mädchen und Frauen belästigen konnten, ohne dass die ebenfalls anwesenden Deutschen Männer eingeschritten wären. Noch zu Gotthelfs Zeiten (1850) hätte das selbstverständlich eine handfeste Schlägerei gegeben. Fehlte hier möglicherweise Testosteron für den männlichen Protest?

Jenseits des Testosterons

Die Auffälligkeiten gehen über die Spermien und die Testosteronwirkung hinaus: Weltweit beobachtet man eine Vorverlegung der Pubertät bei Mädchen, was das spätere Brustkrebsrisiko erhöht. Nicht nur Männer, auch Frauen werden weniger fertil. Der immer häufigere Brustkrebs betrifft schon eine in acht Frauen, und die Endometriose eine unter zehn. Auch hier inkriminiert die Epidemiologie endokrine Disruptoren, diesmal solche mit Östrogen- und Progesteronaktivität, u.a. gewisse Phthalate, Bisphenole, daneben Pestizide und Haarfärbemittel.

Auch Autismus, Verhaltensstörungen und vielleicht auch ADHS scheinen zuzunehmen. Inkriminiert sind neben Luftverschmutzung gewisse Pestizide (Organochlorine, Organophosphate, Pyrethroide), PCB und wiederum Phthalate.

Ungelöstes Problem

Experten und Fachgesellschaften warnen seit Jahren und fordern u.a. eine Umstellung der Nahrungsverpackung auf Glas (2), während für die Behörden direkte Beweise fehlen, und man schon genügend und erfolgreich gehandelt habe (3). Nur werden direkte Beweise immer fehlen, weil Experimente am Menschen nicht möglich sind, und angesichts des mit 2 Prozent pro Jahr fortschreitenden Spermienschwundes ist das Problem ungelöst. 

Die Wokeness schützt sich vor Selbsterkenntnis

Zu jeder vorstehenden Aussage lassen sich wissenschaftliche Ergebnisse zitieren, oft mehrere und übereinstimmende. Nichts ist erfunden, es wurden nur Fakten zusammengestellt und dann Fragen gestellt. Da diese Fragen von allgemeinem und öffentlichem Interesse sind, versuchte ich, darüber einen Meinungsartikel im Tages-Anzeiger und danach in NZZ, der Schweizerischen Ärztezeitung oder im Infosperber zu veröffentlichen. Alles wurde abgelehnt, gecancelt sozusagen, im Infosperber sogar durch Mehrheitsbeschluss der Redaktion. 

Die Neue Zürcher Zeitung publiziert zwar im Wochen- oder Monatsrhythmus geschwätzige Artikel über Wokeness, bezeichnete aber meine Überlegungen als "zu wenig belegt" (Will man dort die Testosteronmesswerte in Zweifel ziehen?). Der Infosperber gab sogar spezifische Ablehnungsgründe bekannt: Offenbar zieht man es dort vor, die  Geschlechtsrollen als soziales Konstrukt anzusehen und nicht als Folge einer hormonellen Prägung, das entspricht zwar moderner Mode, nicht aber den Facts (4). Zweitens zieht man vor, sich in der Illusion zu wiegen, dass wir Menschen freie und selbstbestimmte Wesen seien und nicht durch Hormone programmierte Tiere. Ganz besondere Empörung lösten die Fragen zur Migration aus, aber es waren ja nur Fragen, die man stellen und dann so oder so beantworten kann. Nur Fragen, die gestellt sind, lassen sich beantworten. Tatsächlich liessen sich Aspekte durch einfache, gezielte Untersuchung überprüfen. Und je unbequemer die Ergebnisse ausfallen, desto interessanter werden sie. 

Als Arzt und Biologe schaue ich die Menschen an wie ein Zoodirektor seine Tiere (im Parlament kam ich mir immer vor wie auf einem Affenfelsen): Aber wie war das doch? Fehlt auch hier das Testosteron, das nötig wäre, um sich einer unbequemen und politisch nicht ganz korrekten Diskussion zu stellen? Don't look - down...      


Literatur
  1. Shanna Swan, Count Down, Scribner, 2021.
  2. In unser Essen gelangen Mikroplastik und Weichmacher: Sollten wir deshalb auf Behälter aus Kunststoff verzichten? Interview mit Prof.M.Wilks, Neue Zürcher Zeitung vom 24.1.2024:  
  3. Factsheet Phtalate des BAG, Mai 2021: https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/themen-a-z/factsheet-phthalate.pdf.download.pdf/factsheet-phthalate_de.pdf
  4. Annemarie Allemann-Tschopp: Geschlechtsrollen - Versuch eine Interdisziplinären Synthese, Hans Huber-Verlag 1979.
  5. Weitere Literatur beim Verfasser.

 


2 Kommentare:

  1. Was bist du denn für eine Lachnummer hahaha

    AntwortenLöschen
  2. Kann nur wiederholen: Jede der vorstehenden Aussage beruht auf wissenschaftlichen Untersuchungen, oft mehrere und übereinstimmende: Ich liefere sie auf Anfrage gern, aber man kann auch googeln. Es wurden diese Fakten zusammengestellt und dann Fragen gestellt. Nur wer von Biologie nichts versteht kann dadurch empört sein und wie Morgensterns Palmström reagieren: "Also schliesst er messerscharf, dass nicht sein kann was nicht sein darf".

    AntwortenLöschen

Autor und Leser schätzen lebhafte Diskussion! Author and readers enjoy a lively discussion!