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Dienstag, 22. Oktober 2019

Offener Brief an Tagi-Kolumnistin Frau Barbara Bleisch

(aktualisiert 10.12.2019)

Sehr geehrte Frau Bleisch,

Unter dem Titel "Die Politik der Apokalypse" vertreten Sie die Meinung, dass heute und morgen die Welt nicht untergehen werde, auch wenn manche die Apokalypse herbeiredeten:

Als erstes nennen Sie politisch motivierte Apokalyptiker, zu denen Sie die "Extinction Rebellion" zählen. 

Dann gebe es die endzeitbegeisterten Naturalistiker des "Voluntary Human Extinction Movement", welche die Natur durch Reduktion der Menschenzahl zu retten versuchten.

Im Schlepptau der Naturalisten sammelten sich die nihilistischen Apokalyptiker, die man auch als «Nach-mir-die-Sintflut-Zyniker» bezeichnen könnte. 

Spätestens hier lägen sich die Weltuntergangspropheten in den Haaren. Denn bemühten die einen die apokalyptische Rhetorik, um die Menschen zum Handeln zu animieren, diene sie den anderen zur Rechtfertigung ihrer Untätigkeit.

Dann holen Sie zum Rundumschlag aus: Diese Zuspitzung auf die Apokalypse sei ungenau. Die Endzeit werde nicht heute oder morgen kommen, sondern in Raten: mit Wassermangel, Feuersbrünsten, Stürmen; mit Ernteausfällen, Migrationsströmen, Bürgerkriegen. Wer die Frage auf «Überleben oder Aussterben», auf «Sein oder Nichtsein» reduziere, werde ihr nicht gerecht. Die Frage laute vielmehr: «Wie sein» angesichts dessen, dass sich unsere Lebenszusammenhänge gewaltig verändern werden.


Sehr geehrte Frau Bleisch, sind Sie sich dessen wirklich so sicher? Sollten wir nicht vor der Rhetorik die Fakten klären? 

Unbestreitbar werden die Treibhauskonzentrationen jährlich grösser. Entsprechend ist eine Beschleunigung der Erderwärmung zu erwarten und auch zu beobachten. Dazu hier ein Bericht der angesehenen BBC, den ich so in der hiesigen Presse nicht gesehen habe: https://www.bbc.com/news/science-environment-49773869

Alle Voraussagen des IPCC und der orthodoxen Wissenschaft zur Erderwärmung waren viel zu optimistisch, wie dem ebenfalls angesehenen Scientific American zu entnehmen ist:   

Nicht nur hat der diesjährige Sommer weltweit fast 400 Temperaturrekorde gebrochen  https://www.bbc.com/news/science-environment-49753680), auch dieser September war der heisseste je gemessene: https://www.washingtonpost.com/weather/2019/10/04/earth-just-experienced-its-hottest-september-heads-record-books/.

Der auftauende Permafrost und die wärmeren Böden setzen CO2 frei und und vor allem das dreissigfach potentere Treibhausgas Methan, welches seit wenigen Jahren stark ansteigt:
https://edition.cnn.com/2019/10/12/us/arctic-methane-gas-flare-trnd/index.html.

Last but not least schwindet mit dem Eis auch die Rückstrahlung der Erde, was die Erderwärmung gegenüber den üblichen Prognosen auch um 20 oder mehr Prozent erhöhen kann. 

Das alles ist keine apokalyptische Rhetorik, sondern es sind verifizierbare Fakten, aus denen eine weitere und selbstverstärkende Beschleunigung der Temperaturerhöhung zu erwarten ist. Die Frage ist nur noch, wie rasant die Beschleunigung gehen werde: Vor einigen Jahren hat man noch von einem Mehrgenerationenproblem gesprochen. Neuerdings sah es eher so aus, wie wenn es ein Problem von wenigen Jahrzehnten bzw. einer Generation werden könnte. Wenn allerdings die Selbstverstärkung durch Methanfreisetzung jetzt im Ernst anspringt, wie es eigentlich zu erwarten ist, so kann das Ende auch eine Frage von Jahren oder sogar von nur Monaten werden, wie die sehr gut informierte Catherine Ingram hier darlegt: 
https://www.catherineingram.com/facingextinction/

Was das alles – auch philosophisch oder theologisch  - heissen könnte habe ich hier zusammenzufassen versucht: https://lukasfierz.blogspot.com/2019/07/und-was-wenn-wir-uns-nicht-retten-konnen.html.

Wenn Sie das jetzt als apokalyptische Rhetorik abtun, so muss ich einwenden, dass ich diesen Essay vier renommierten Klimawissenschaftlern vorgelegt habe, niemand hatte Einwände. Der Deutsche Klimapapst Prof.John Schellnhuber schrieb mir dazu: «Dein Zorn und Deine Verzweiflung sind wissenschaftlich leider nicht von der Hand zu weisen». Er hat mir übrigens schon vor über zwei Jahren gesagt, dass er keinen Ausweg aus dieser Falle mehr sehe.

Und in dieser Sachlage wäre jetzt wirklich die Sternstunde der Philosophin bzw. der Theologin gefragt und gefordert. 

Mit freundlichen Grüssen

Lukas Fierz, Alt-Nationalrat



P.S. Wie fast alle NZZ-Leitartikler hat auch Frau Bleisch auf dieses zuerst ihr direkt gesandte mail nicht reagiert. 

Freitag, 30. August 2019

Offener Brief an eine NZZ-Kolumnistin

(Aktualisiert 26.11.2019)

Dr. habil. Béatrice Acklin Zimmermann ist FDP-Abgeordnete im Freiburger Parlament und im Freiburger Agglomerationsrat, Vorstand verschiedener kultureller Institutionen, hat
Dr.habil.Béatrice Acklin Zimmermann
Stiftungsratsmandate. Moderiert regelmässig Podien und Workshops im Schauspielhaus Zürich, in der Neuen Oper Freiburg (NOF) und an den Zürcher Festspielen. Lehraufträge, u.a. an den Universitäten Tübingen, Freiburg i.Br., Bern, Zürich und Luzern. Leiterin Fachbereich an der katholischen Paulus-Akademie Zürich mit Schwerpunkt Beziehungen der Religion/Kirchen zu Politik, Musik, Theater und Literatur, Brückenschlag zwischen gesellschaftspolitischen Debatten und alltagsphilosophischen Fragen sowie Christliche Spiritualität. Sie studierte evangelische und katholische Theologie, Politikwissenschaften und Philosophie in Zürich, Freiburg/Schweiz, Rom und Mailand.

«Angesichts des aktuellen Wechselspiels von Religion und Politik stellen sich in zugespitzter Weise Fragen, die eine kirchliche Akademie aufzunehmen hat, wenn sie ein intellektuelles Forum für die grossen Herausforderungen der Gegenwart sein will.»

In der NZZ vom 30.8.2019 hat Urs Neu die unten verlinkte Kolumne dahingehend kommentiert, dass Umweltschutz einem gesunden Selbsterhaltungstrieb entspreche und, "dies als quasireligiöse Verklärung der Natur darzustellen, erweckt vor allem den Eindruck eines eher kläglichen Versuches, die Folgen unseres Tuns so gut als möglich darzustellen". 

Unser Brief ging zuerst direkt an Frau Dr. Acklin, sie hat nicht reagiert. 
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Sehr geehrte Frau Dr.Acklin,

Mit Ihrer NZZ-Kolumne "Gegen die Vergöttlichung der Natur"  (23.8.2019) gesellen Sie sich zu den mittlerweile mindestens 20  NZZ-Autoren, welche eine gönnerhaft-uninformierte Skepsis gegenüber der Klimabewegung und gegen Greta Thunberg äussern, das ganze eine eigentliche Desinformations- und Verleumdungskampagne. Ich behafte und messe Sie, die NZZ und die FDP auf und an diesen Äusserungen.   

Sie kritisieren in Ihrer Kolumne, dass, wenn die Umweltbewegung den Respekt vor der Schöpfung aus auch religösen Gründen einfordere, sie damit quasireligiöse Züge annehme, dass aber solche "Vergöttlichung der Natur" kein biblisches Gedankengut sei. Recht haben Sie. Aber dann hätten Sie doch auch erwähnen dürfen: Biblisch ist, dass der Mensch sich vermehre sowie Natur und ihre Geschöpfe unterwirft und ausnützt ("Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht" Genesis 1:28). Nur ist inzwischen zweifelhaft geworden, ob das eine gute Maxime ist, oder ob es nicht direkt in die Apokalypse führt, eine Frage, die zu stellen doch erlaubt sein muss. Ich bin ihr jedenfalls nachgegangen. https://lukasfierz.blogspot.com/2019/07/und-was-wenn-wir-uns-nicht-retten-konnen.html. Falls Sie sich in der NZZ informieren, wissen Sie darüber natürlich wenig. Der Abopreis ist dort so hoch, weil man damit bezahlt, dass man darüber nicht lesen muss.

Und bevor Sie das jetzt als «apokalyptisch» abtun: Ich habe den verlinkten Essay drei renommierten Klimatologen vorgelegt: Joachim Schellnhuber (Potsdam), Gernot Wagner (Harvard), Wolfgang Knorr (Lund), alle stimmen zu. Schellnhuber, Berater auch Ihres Papstes, schrieb mir wörtlich: "Deine Verzweiflung und Dein Zorn sind wissenschaftlich leider nicht von der Hand zu weisen". Und falls wir tatsächlich in eine Apokalypse taumeln muss einem liberalen Denken auch die Frage erlaubt sein, ob unsere Religion uns nicht in die Irre führe, und ob wir ihr nicht lieber abschwören sollten. 

Mit freundlichen Grüssen

Lukas Fierz