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Mittwoch, 11. August 2021

Ein Arktisforscher über die arktische Apokalypse

Transkription eines englischen Youtube-Interviews vom 4.8.2021: Arctic Apocalypse - YouTube, erstmals veröffentlicht in Journal21 vom 11.8.2021, aktualisiert 14.2.2022)

Hier berichtet Peter Wadhams, emeritierter Physikprofessor der Universität von Cambridge. Das Interview ist besonders, weil hier ein Wissenschaftler einmal über seine schlimmsten Sorgen spricht, Sorgen, die sonst meist nicht genannt werden, weil man sie (noch) nicht exakt beweisen kann und/oder weil man sich damit unmöglich macht.

 

Ein Leben lang hat Wadhams die Arktis studiert, u.a. in über 40 Expeditionen und in regelmässigen Unterseebootfahren, um die abnehmende Dicke der Eisschicht zu messen. Seit langem wies er darauf hin, dass Schnee- und Eisverlust die Absorption der Sonnenstrahlung begünstigt und die Erderwärmung wesentlich beschleunigt, einer der vielen Selbstverstärkungsmechanismen, die in früheren Berichten des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) regelmässig vernachlässigt wurden. 2017 hat er seine Erkenntnisse im Buch «A Farewell to Ice» (2017) zusammengefasst. Das Meereis schwindet zwar etwas langsamer, als einst von ihm prognostiziert, dessen baldiges Ende ist trotzdem vorauszusagen. In einem aktuellen Video-Interview kommentiert er die neuesten Entwicklungen, besonders der letzten zwei Jahre. Im Gegensatz zum IPCC, welches auch im neuesten Report Entwicklungen bis 2100 ausrechnet meint er, dass durch katastrophale Wendungen durchaus schon in einigen Jahren Schluss sein könnte. 

Interview durch Patrick Hogan (ex-NASA) und Mark Anderson (Strategic News Service). Transkription und Übersetzung: Lukas Fierz.

Patrick Hogan: Peter, Du brichst demnächst wieder zu einer Expedition in den höchsten Norden auf, wo sich dramatische Entwicklungen abspielen: Das Schrumpfen der Eisschicht in Arktis und Grönland und die Methanfreisetzung in Sibirien. Das sind nie dagewesener Ereignisse und Klimawissenschaftler stellen fest, dass wir schon mehrere Kipppunkte überschritten haben. Was sind deren Wichtigste in der sich erwärmende Arktis und was bedeutet das für die Wetterverhältnisse auf dem Planeten?

Peter Wadhams: Einer der Kippunkte ist das sich beschleunigende Schwinden des Eisschildes über Grönland. Dies bemerkte ich nur allmählich und nebenbei, weil ich mich meist mit dem Meereis beschäftigte.  Beim Meereis fragen wir uns, ob wir es zurückholen können – ich glaube das zwar nicht – aber wir können es versuchen. Im Moment ist es am Schwinden und das hat viele andere durchschlagende Folgen auf dem Planeten. 

Das Problem mit dem Landeis ist, dass sein Schwinden sich stetig beschleunigt. Letzte Woche z.B. haben wir neun Milliarden Tonnen verloren, und der grösste Tagesverlust war 2019 und belief sich auf 12,5 Milliarden Tonnen. Im Sommer schmelzen dort jeden Tag acht, neun, zehn oder zwölf Milliarden Tonnen Landeis, es geht ins Meer und erhöht den Meeresspiegel. Tatsächlich leistet Grönland den grössten einzelnen Beitrag zum Meeresspiegelanstieg und zwar scheint das Tempo schneller und schneller zu werden. Küstenstädte und Küstenregionen müssen mit sich beschleunigend zunehmenden Problemen rechnen. Das können wir nicht ändern oder rückgängig machen. Wir haben den Kipppunkt überschritten.

Ein anderer Kipppunkt, der schon überschritten ist ist der Verlust von Meereis. Das bemerkten wir erstmals vor dreissig Jahren, als wir jedes Jahr die Dicke der Eisschicht von Unterseebooten aus massen und einen raschen Verlust der Eisdicke feststellten. Gleichzeit begann die Eisfläche von den Rändern her zu schrumpfen und legte im Sommer grosse Flächen offenen Wassers frei. Das ist selber ein Beschleunigungsfaktor und wird sich weiter beschleunigen, bis wir ein im Sommer eisfreies Meer haben – und wer weiss, was danach passieren wird.

Der dritte Kipppunkt, wenn man drei nennen will, ist damit verbunden: Mit soviel offenem Wasser im arktischen Sommer wärmt sich das Wasser relativ rasch auf, weil das Meer dort im Kontinentalsockelbereich nicht sehr tief ist, nur ca. 100 Meter tief. Wenn das Eis verschwindet erwärmt sich dort das Wasser, und wenn sich das Wasser erwärmt, dann setzt das allerlei Dinge vom Meeresgrund frei, zum Beispiel Methan aus Sedimenten im seichten Wasser, das im Moment noch durch eine Permafrostschicht zurückgehalten wird. Der Permafrost beginnt jetzt überall aufzutauen und dann werden grosse Mengen von Methan in die Atmosphäre gelangen – eine Art Methanausbruch. Und wir haben keine Ahnung, was wir damit machen sollen. Verschiedene Gruppen arbeiten an Methoden, wie wir das Methan loswerden könnten. Also, es wird sich selber los, weil es nach ca. 10 Jahren oxidiert. Aber solange es in der Atmosphäre verbleibt ist es ein sehr starkes Treibhausgas und wir wissen noch nicht, wie wir es loswerden können. Das ist ein anderes grosses Problem und es ist unmittelbarer, weil der Methanausbruch wahrscheinlich in sehr wenigen Jahren schon stattfinden wird. 

Patrick Hogan: Wann wird die Eisschmelze auf einen Punkt kommen, wo man (den Meeresspiegelanstieg) in Metern messen kann? Wieviele Jahre wird das gehen? Nach meinem Gefühl werden die Folgen der Erwärmung auf Klima und Wetterbedingungen weit früher und dramatischer ausfallen als beim Meeresspiegelanstieg, der für seinen Effekt auf die Küstenregionen viel länger braucht. Man kann ja über Meeresspiegelanstieg sprechen, aber es ist fast wie oK, ja, aber der ist nichts im Vergleich zu den  Effekten auf Wetter und Klima.

Peter Wadhams: Peter, ja Du hast recht, ich meine, es ist eine ganz neue… die drei Trends, über die ich gesprochen habe waren und sind kontinuierlich anhaltende Trends. Aber die Wettereffekte sind ganz neu. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, wenn solche… wo einem solche Dinge nicht im Traum eingefallen wären, und das war vor lediglich zehn Jahren. Und dann, als solche Wetterereignisse begannen - eigentlich sind es Klimaentwicklungen - denn wenn genug Wettervents auftreten, alle zusammen und nicht mehr aufhören, so werden sie eben zusammen zum Klimaevent. Und diese Klimaevents sind unerwartet und sie können ausserordentlich gefährlich und destruktiv sein wie wir wissen.

Und hier … wiederum …  die Spur des Verbrechens führt wiederum in die Arktis, wie bei so vielem. Und die wahrscheinlichste Erklärung für diese Wetterevents ist die: Die ursprünglich kalte Luftmasse über der Arktis erwärmt sich und passt sich der Temperatur der gemässigteren Breitengrade an. Die Temperaturdifferenz vermindert sich und das vermindert den Jet-Stream (Anm. Übersetzer: Rasche bis 500 km/h rascher Höhenwind), er fragmentiert sich und so kann es dann regional sehr heiss oder sehr kalt werden, in Gegenden wo Menschen leben und Nutzpflanzen anbauen wollen.  Das sind die Gegenden, wo wir sind, und - wiederum – die Arktis ist die Ursache, die Arktis, die sich rascher aufwärmt als die Tropen. Aber die Effekte sind weltweit und auch unvorhersehbar. Und so ist es doppelt schlimm, oder dreifach schlimm, weil die Orte wo die Wetterereignisse eintreten sind genau die Orte, wo wir anpflanzen und ernten. Daher hast Du recht, die Wetterereignisse, die in den letzten zehn Jahren nur immer häufiger zu werden scheinen sind eine wirklich schwere Bedrohung.

Patrick Nolan: Ob es nun Dürren sind, die Ernten vernichten, oder enorme Unwetter, die sich nicht verschieben sondern immer nur grösser werden, diese Effekte – wenn man sieht, wie sie die Infrastruktur für das Leben auf diesem Planeten zerstören - scheinen mir viel vordringlicher als alle Folgen eines Meeresspiegelanstiegs. Das ist meine letzte Frage, oder Kommentar.

Peter Wadhams: Ja, natürlich. Ich denke, Du kannst recht haben, irgendwann wird alles zusammenbrechen, weil - leider - die stetigen Veränderungen, die wir beobachten nicht etwas sind, gegen das wir etwas unternehmen, oder das wir loswerden können. Wir können den Meeresspiegelanstieg nicht loswerden, und wir können das Meereseis nicht zurückbringen, auch wenn einige Leute denken, dass wir das können (lacht). Das ist dann ein anderes Problem. Wenn wir auf die Ingenieurkunst angewiesen sind, um alle Probleme zu lösen, die wir uns selber geschaffen haben, dann wird das alles wohl noch schlimmer machen.

Aber ja, die zusätzlichen Effekte von akuten und extremen Wetterereignissen, werden sich zu den allmählichen Veränderungen addieren und mit Wahrscheinlichkeit eine Art Kollaps erzeugen. Ich meine, wir… Du… weil mehr als nur ein Ding gleichzeitig zusammenkommen.

Gerade gestern in Italien war ein gigantisches Feuer in Sardinien, das ist der Ort, wo ich als nächstes hingehen werde nach dem Grönlandaufenthalt. Das ist in einem Teil Sardiniens, den ich recht gut kenne, weil meine Frau von dort stammt. Es ist so… es war ein gewaltiges Feuer, wie es früher nicht vorgekommen ist. Es gab keine Buschfeuer in Sardinien, obschon es dort viele Büsche gibt. Und mitten in diesen Feuern flogen Freunde von mir von Cambridge nach Sardinien und kamen dabei in einen gigantischen Hagelsturm, der Flugzeug und Flugzeugfenster beschädigte und eine Notlandung erzwang. Auch so grosse Hagelstürme gab es in Sardinien noch nie. Und der Hagelsturm passierte während die halbe Insel in Brand stand.

Es kann zu Extremereignisse verschiedener Art, ja scheinbar völlig verschiedener Art gleichzeitig kommen: Überschwemmungen und gleichzeitig Dürren anderswo. Deshalb sind Voraussagen so schwierig – Du weisst – die Effekte werden wahrscheinlich dramatischer werden und viel destruktiver für den Alltag auf dem Planeten.

Mark Anderson: Wenn ich nochmals nachhaken darf, Du bist schon auf die dunkle Seite gegangen, aber lass mich noch ein bisschen pessimistischer werden: Anstatt von Kipppunkten oder Triggerpunkten zu reden, denkst Du, dass es einen Punkt ohne Wiederkehr gibt? Und haben wir den schon überschritten, ich meine irgendeine Chance, - das hast Du ja teilweise schon beantwortet – also eine Chance zu irgendetwas wie Normalität zurückzukommen?

Peter Wadhams: Tatsächlich ist die richtige Definition eines Kippunktes eben, dass es keine Rückkehr gibt. Die ursprüngliche Beobachtung kam von Hooke, das Experiment macht man ja in Schulen. Wenn man die Spiral-Zugfeder einer Federwaage nicht übermässig dehnt, so kehrt sie nachher in die Ursprungsform zurück. Aber wenn man sie wirklich stark dehnt, wenn man ein zu schweres Gewicht dranhängt, dann wird sie dauerhaft überdehnt. Und Kipppunkte sind eben dort, wo wir irgendwo ein zu grosses Gewicht an den Planeten gehängt haben. Und ich denke, dass wir bei gewissen Dingen nicht zurückkommen können, z.B. beim Meeresspiegelanstieg. Hier wurde ein Kipppunkt überschritten, mit Klimaerwärmung, Eisschmelze, Überschwemmungen von Küstenregionen. Da ist kein Weg zurück, wirklich.

Beim Verlust des Meereises denke ich auch, dass ein Kipppunkt überschritten ist, wenn auch sehr hoffnungsvolle Leute meinen, dass wir das Meereis zurückbringen können.

Gerade gestern (lacht) hat David King ein schönes Programm gemacht mit dem Titel «Lasst und die Arktis wieder gefrieren». Aber schlussendlich hat das Programm nicht aufzeigen können, wie das denn zu bewerkstelligen wäre. Das ist immer so.

Mark Anderson: Erwartest Du – das betrifft nicht nur das Eis – wird es in naher Zukunft eine andere Grössenordnung von Katastrophen geben? Wie wir gesehen haben, wenn verschiedene Ereignisse zusammentreffen, mehrere Stürme werden zu einem grossen Sturm, oder mehrere Brände werden zu einem Grossbrand und wenn dieser Grossbrand sein eigenes Wetter kreiert und dieses Wetter dann zu dem wird, was wir «Klima» nennen? Gibt es einen Punkt, wenn alle diese Einflüsse zusammenkommen, auch wenn sie einzeln begonnen haben, und dann in eine endgültige Katastrophe führen?  Und um die Frage abzuschliessen: Ich höre Leute sagen  «Ja 2030, da bin ich schon tot, oder 2050, oder 20-irgendwas, da werde ich tot sein, wen kümmerts, ich werde nicht mehr da sein, und diejenigen die dann noch leben tun mir leid» so reden diese kurzfristigen Denker… aber  könnten wir nicht in naher Zukunft einer Katastrophe von unvorstellbaren Ausmassen entgegengehen, eine Katastrophe wie sie nicht vorausgesagt wurde, ausser vielleicht in Filmen?

Peter Wadhams: Ja, ich denke, das könnte wirklich eintreten. Und Du hast recht, die Leute denken – vor allem die Leute in meinem Alter denken – ja nun, wenn eine Katastrophe im Jahr 2050 kommt, dann werde ich über neunzig Jahre alt sein, das macht mir nichts aus.

Aber es wird vorher passieren, und es könnte durchaus in sehr kurzer Zeit passieren. Man kann sich Szenarien vorstellen wie z.B. gerade jetzt in Kalifornien. Es gab früher kaum Buschbrände, oder jedenfalls nicht viele. Und jetzt sind es jedes Jahr mehr Buschfeuer, und sie verschmelzen und führen zusammen zu einer Art Abbrennen des ganzen Staates. Und das könnte dazu führen, dass der ganze Staat unbewohnbar wird, wegen Zerstörung von Siedlungen, von Ernten, von bebaubarem Land. Du endest… am Schluss hast Du einen Ort, wo Du nicht mehr leben kannst, das könnte passieren.

Auch in der Antarktis beispielsweise – die Leute beunruhigen sich nicht über die Antarktis, sie denken, die ist ja weit unten und weit weg, und dort wird wohl für Hunderte von Jahren nichts passieren.  Aber auch dort brechen die Eisschichten schon auf, und es könnte die gleiche rasche Entwicklung eintreten, die wir schon in Grönland haben. Und das würde den Meeresspiegelanstieg weiter beschleunigen aber auch Folgen für die bewohnbaren Teile der Erde haben, weil das Meer… das Meer ist überall…

Patrick Hogan: Peter, und was ist mit dem Russ, der Russ, der durch all diese Feuer erzeugt wird? Der wird sich ablagern, sei es auf Schnee oder Eis, und das wird den Ablauf verändern…

Peter Wadhams: Ja genau, das werde ich in ein paar Wochen vor Ort studieren. Es ist der Dreck, das schwarze Eis auf Grönland, das ist schlimmer denn je, weil, wenn das Eis im Sommer oben abschmilzt, bleibt der darin enthaltene Dreck darauf liegen. Die Oberfläche wird dreckiger und dreckiger, das heisst dunkler und dunkler und dunkler, und das wärmt sie noch mehr auf, weil sie dann mehr Strahlung absorbiert. Der Eisverlust beschleunigt sich auch, weil das Eis dreckiger wird.

Mark Anderson: Ich möchte zuerst etwas sagen und dann eine Frage anhängen. Ich glaube, dass die Menschen im wesentlichen unfähig sind, nichtlineare Zusammenhänge zu begreifen. Wir sind recht gut mit den linearen Zusammenhangen, aber jenseits des linearen gibt es eine andere Stufe von Ereignissen, die man als richtungsändernd katastrophal (cataclysmic) bezeichnen könnte. Das ist es – so glaube ich – was wir jetzt sehen, hier in diesem virtuellen meeting und in der Welt.

Noch jeder IPCC-Bericht hat mit der Aussage begonnen, dass man bisher die nicht-linearen Eigenschaften dieses Kollapses nicht richtig gewürdigt oder begriffen habe. Und so möchte ich jetzt fragen. oder zurückkommen, auf das was Du gerade gesagt hast - vielleicht beackern wir hier neuen Grund, wenigstens für das Publikum: Wir sorgen uns jetzt über die Entwicklung bis zum Jahr 2060 oder 2030, wir sehen zu, wie China ein neues Kohlekraftwerk pro Woche aufstellt und verspricht, das ab 2030 zu ändern. Aber ich denke, wir haben ein kurzfristigeres Problem, und so nochmals zurück zu dem, was Du eben gesagt hast… Wenn es eine katastrophale, unvorhergesehene Entwicklung geben würde (Du hast sie ja wahrscheinlich vorausgesehen), kannst Du mir für diesen Fall einen Zeitrahmen geben? Wann könnte das frühestens eintreten? Nächstes Jahr? Fünf Jahre? Was ist der früheste Zeitpunkt für so ein richtungsändernd-katastrophales, nichtlineares und unvorhergesehenes Mammut-Ereignis durch die Klimaveränderung?

Peter Wadhams: Ja, das ist eine gute Frage (lacht). Das kann eine sehr kleine Zahl von Jahren sein. Wenn Du diese nichtlinearen Effekte erwähnst… es gab ja diesen sehr berühmten amerikanischen Wissenschaftler (Anm. des Übersetzers: Dr.Albert A.Bartlett), der jetzt verstorben ist, der sagte, dass alle Probleme der Welt davon herrühren, dass die  Menschheit die Exponentialfunktion nicht verstehen kann. Man hat angenommen, dass jetzt alles brav linear so weitergeht wie bisher, zum Beispiel meinte das IPCC (Intergovernmental Panel on climate change), dass der Meeresspiegel stetig ansteige, aber das ist komplett falsch. Das exponentielle ist etwas, was wir nicht genug einrechnen (lacht). Wir fügen der Atmosphäre CO2 exponentiell zunehmend zu, aber es scheint uns nicht zu stören, wir machen weiter und es wird rasch schlimmer.

Der Fallstrick mit der exponentiellen Entwicklung ist der: Du steigst einen Berg hinan und hinter Dir ist alles noch flach und Du denkst, das ist ja wunderbar. Aber vor Dir wird es immer steiler bis senkrecht. Und genau das passiert jetzt in der Welt in so vielen Aspekten des Klimas. So, irgendwie… es ist … jede dieser exponentiellen Entwicklungen kann die Quelle einer grossen… einer grossen Katastrophe werden. Aber ich denke, Du sprichst über etwas ausserhalb oder über die exponentielle Entwicklung hinaus. Eine exponentielle Entwicklung kann man wenigstens vorausberechnen (lacht)… man kann den Meeresspiegelanstieg… das ist tatsächlich so… vorausberechnen. Wir… vorausberechnen kann man auch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre...

Mark Anderson: Peter, Peter, lass mich die Frage anders stellen. Wir sprechen über Wasser, Waldbrände, dann Wetter und Klima und alle die übereinandergelagerten Effekte. Aber das wird nichtlinear und zwar dann, wenn die übereinandergelagerten Effekte zusammenwirken und das…

Peter Wadhams: Ja, und das kann dann mit Dingen zusammenhängen, an die wir gar nicht gedacht haben, wie die Tiere. Ich meine, die… die Biosphäre ist… sie ist unglaublich verletzlich (lacht) und sehr, sehr gefährlich. Nur schon, wenn die Bienen verschwänden oder so, wir könnten nichts mehr pflanzen. Und trotzdem kümmern wir uns nicht um sie, zerstören sie. Und wir wissen nicht, was wir tun müssen, wieviel weiter wir gehen können, ohne eine Katastrophe zu erzeugen. Und es gibt Katastrophen, an die wir gar nicht denken, und doch sind sie da, können eintreten und zwar ganz rasch und endgültig.  

Mark Andersson: Ich muss Dich jetzt unter Druck setzen, Peter. Was wäre der frühestmögliche Zeitpunkt in deiner Vorstellung… ich weiss, es ist unmöglich. Ich gebe Dir eine unmögliche Frage.  Aber Du wirst eine Antwort versuchen, Du bist gescheit genug für das unmögliche. Also, was ist… nach Deiner Ansicht… der frühestmögliche Zeitpunkt – Minuten, Wochen, Jahre – kommende Jahre bis alle diese Faktoren, die bisher unabhängig voneinander wirkten, bis sie beginnen, zusammenzuwirken, um eine allgemeine Katastrophe zu erzeugen?

Peter Wadhams: Also, ich würde sagen, es kann sich um so wenig wie fünf Jahre handeln. Und zwar weil in den letzten ein, zwei Jahren schon so viel passiert ist. Wenn wir zwei Jahre zurückgehen, oder drei, zwei Jahre vielleicht, sahen wir schlimme Dinge sich ereignen, aber sie kamen nicht alle zum gleichen Zeitpunkt. Aber jetzt sehen wir, dass schlimme Ereignisse gleichzeitig zusammenkommen und schlimmer werden. Die Beschleunigung der Katastrophen in den letzten Jahren haben wir nicht sosehr wahrgenommen, weil COVID das öffentliche Bewusstsein beschäftigte. Die natürlichen Katastrophen haben sich beschleunigt, und wenn wir uns weitere fünf Jahre dazudenken könnte etwas wirklich, wirklich schreckliches passieren.  

Mark Anderson: Danke. Ich habe nur noch eine Frage. Vor einigen Tagen diskutierten wir mit einigen Kollegen über dieses Problem und es entstand eine verrückte Idee, die ich Dir vorlegen möchte. Ich möchte solche Gespräche mit einer positiven Note beenden (lacht), selbst wenn es schwierig ist. Mangels eines besseren Namens nannten wir die Idee «Go Light»: wenn alle Leute… Leute… wenn alle führenden Persönlichkeiten der Welt erfahren würden, was Du gerade gesagt hast, wenn sie die Chance hätten, es zu hören und tatsächlich zu verstehen, und wenn wir  jetzt für diesen Moment – einen verrückten Moment – behaupten, dass sie auf die Krise reagieren und beschliessen, etwas zu unternehmen, vielleicht beginnend mit einer Gruppe von fünf grossen Nationen, nämlich alle finanziellen Interessen fallen zu lassen, welche die einzelnen bewegen. Ich zum Beispiel liebe Apfelbäume, aber vergessen wir die für eine Weile und dafür investieren wir alles Geld in Sonnenenergie. Und für fünf Jahre, beginnend morgen, würde Geld für nichts als nur für Sonnenkraftwerke ausgegeben. Und nach fünf Jahren, ich kann das nicht genau berechnen, aber vielleicht haben wir dann alles mit Sonnenenergie ersetzt, oder wenigstens zwei Drittel. Aber etwas, was sonst hundert oder fünfzig Jahre gebraucht hätte, hätte man in fünf Jahren vollendet. Und wir würden carbonneutral, indem alle ihren Teil dazu leisten und Sonnenkraftwerke bauen. Für Länder, die das nicht zahlen können zahlen wir. Die ganze Welt macht mit, man kann dafür sogar Schulden machen, aber wir reagieren auf die Schwierigkeit der Situation. Das ist die schwierigste Situation, die wir je hatten, aber wir werden durchkommen, und so werden wir es machen. Wenn wir das täten, was wäre das Resultat?

Peter Wadhams: Ich denke, wir... es würde helfen, den Planeten zu retten, aber es braucht mehr dazu, weil wir CO2 aus der Atmosphäre herausnehmen müssen… Da haben wir ein gewaltiges Problem… Wir können den CO2-Austoss so viel reduzieren, wie wir wollen, es wäre grossartig, ihn auf null oder eine kleine Grösse zu reduzieren, aber das CO2 das wir schon in die  Atmosphäre entlassen haben verbleibt dort  und wirkt weiter. Wir müssten dieses CO2 mit einem gigantischen «Marshall-Plan» aus der Atmosphäre entfernen, das heisst für den Moment, dass wir all diese CO2-Sequestrierungsgeräte bauen, wenigstens solange uns nichts einfällt, was besser, billiger und weniger energieverbrauchend ist. Und wir müssten eine riesige Menge von solchen Maschinen bauen um das CO2 aus der Luft zu nehmen. Wenn nicht, dann war es das eben… Allgemein gesagt wäre es selbstverständlich sehr wertvoll, all das Geld für Solarenergie einzusetzen, aber darüber hinaus müssen wir auch (lacht) das CO2 aus der Luft loswerden, irgendwie. Wir werden etwas davon loswerden.

Mark Anderson: Vor zehn Jahren dachten wir einen Plan aus, um etwas nützliches aus dem CO2 machen, nämlich ein dem Graphen-verwandtes Baumaterial, das man mit 3-D-Printing im Bau verwenden könnte. Die meisten Bestandteile dieser Technik existieren schon. Man könnte dann Städte aus carbonverstärktem Zement bauen, welcher weniger CO2 abgäbe, und 10-100 mal belastbarer wäre. Städte würden haltbarer und das wäre kommerziell überlebensfähig. Das war das Einzige, was mir eingefallen ist.

Peter Wadhams: Das ist grossartig. So etwas ähnliches wird gerade von der kleinen Firma «Blue Planet» in Kalifornien entwickelt. Sie verwandeln CO2 in Kalkstein, durch Mahlen erhält man Sand. Du hast ganz recht. Wenn wir das CO2 wirklich loswerden wollen, müssen wir es zu etwas verwenden, was Leute brauchen und wollen und auch bereit sind, zu bezahlen. Und zwar in einer Menge von 40 Gigatonnen pro Jahr, beim Baumaterial sind wir ja in solchen Bereichen (lacht).   

Mittwoch, 21. April 2021

Will non-injectable COVID-Vaccines end the Pandemic?

(appeared first in German on Insideparadeplatz.ch on 16.4.2021, updated on 24.4.2021 by including Oxford/Astra Zeneca and Altimmune)

Overview

Only global vaccination will stop COVID-mutants from developing and the pandemic from perpetuating. But is difficult to see how developing countries could reach broad vaccination by injections. Heat-stable vaccines which do not have to be injected would change the game by reducing the costs and enlarge the reach to many more billions of people.

Vaxart (NASDAQ:VXRT) develops such a vaccine, but it is in a close race against seven other groups. This competition presents a high risk but at the same time the cumulated results of all these companies from animal and human experiments make an ultimate success of such an approach probable. The winners not being clear investments should probably be distributed between several available contenders.

Only global vaccination can stop the pandemic

The COVID-pandemic has introduced unprecedented speed and efficiency into the development of vaccines. All approved vaccines are given by injection, which may be refused by 10- 20 percent anxious people. And all need medical infrastructure and manpower as well as more or less cooling before use.

Developed countries now make rapid progress towards protection of risk groups and herd immunity. There is abundant hope and talk about comparative advantages and risks of the existing vaccines and about the rosy economic prospects for the big manufacturers.

But meanwhile it has become clear that developing countries with insufficient vaccine coverage put us all at risk by allowing emergence of new and resistant variants, which will perpetuate the pandemic. Like global warming this is a global problem and cannot be solved unless addressed globally. It is difficult to see how developing countries could meet the massive amounts of infrastructure, medical manpower and money needed for vaccination by injection.

Oral/nasal vaccines as a solution?

That's why I was thrilled to discover that Vaxart (NASDAQ:VXRT) is working on an immunising tablet against COVID. This might sound outlandish, but we know from food allergies that oral antigens trigger the immune system and moreover there is the precedent of the oral polio vaccine and a nasal flu vaccine.

If an oral vaccine is to be swallowed it has first to survive the stomach. Whatever one uses as antigen it has to be packed in a way that resists the stomachic acid and only dissolves in the small intestine: This needs special knowhow outside of immunology.

Such vaccines are often thermostable and cheap, they simplify vaccine campaigns and could give a significantly better reach at lower cost.

Vaxart is already in the clinical phase...

In summary Vaxart develops oral vaccines, one against the diarrhea-causing Norovirus and another against human papillomavirus which causes cervical cancer in women. A phase II study of their oral influenza-vaccine developed in collaboration with Janssen (subsidiary of Johnson&Johnson, NYSE:JNJ) gave better protection than an injected vaccine. If confirmed this would be a big deal.

As for their COVID-vaccine it contains two viral antigens (S- and N-protein) and is therefore potentially more effective against new variants than existing vaccines targeting only the S-protein. Their preclinical animal experiments gave good protection and a phase I clinical trial published in February resulted in cellular immunity and local mucosal production of IgA but no neutralising IgG antibodies in most subjects. This was perceived as a failure and provoked a fall in share price.

However, this does not seem justified because one in 16 survivors of COVID-infection has no detectable IgG antibodies (academic.oup.com/...), therefore antibodies do not seem to be essential for defence. Animal data also show that with low antibodies cellular immunity becomes essential (pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/...). If this COVID-vaccine could prevent the virus from reaching the bloodstream the lack of serum antibodies would not be a disadvantage. Only further clinical trials can find out if the protective effect in animals can be reproduced in humans.

Not being sure what to think about the prospects of this company I did further research and found seven other groups working in the same field. The accumulated results of these competing companies give substantial and converging evidence that ultimate success of their approach is probable.

Altimmune

Altimmune (NASDAQGM: ALT) started in february 2021 with a Phase I clinical trial of AdCOVID, a single-dose intranasal COVID-19 vaccine candidate based on an adenovirus vector similar to Astra’s COVID-19 shot. Results are expected in the second quarter. They are already readying a production facility with Swiss LONZA in Houston.

Astra-Zeneca / Oxford 

Also Oxford University in march 2021 began a phase I clinical study with nasal application of their vector-based vaccine AZD1222 developed with Astra-Zeneca (NSDAQ: AZN). It includes 30 persons and will be finished in october 2021. 

Mymetix Corporation

The Swiss Mymetix Corporation (OTC:OTCQB:MYMX) is the third company exploring the nasal route. They share intellectual property with US giant Catalent (NYSE:CTLT) about packing antigenic material in virus-like particles for local application (so-called virosomes). Their nasal COVID-vaccine developed with Baylor College in Texas gave promising preclinical data in animal experiments. It might be of interest that they have the support of the Bill Gates foundation and of billionaire Ernesto Bertarelli.

iosBio and ImmunityBio

iosBio (formerly Stabilitech) is an UK-based private company developing oral vaccines against Zika-virus and influenza based on an adenovirus-vector platform. They were short of funds and their CEO complained in an interview that big pharma had no interest for their novel approach. That is until the San Francisco physician and multibillionaire chairman of ImmunityBio (NASDAQ:IBRX) realised last year that only with an oral vaccine was it possible to vaccinate billions in the developing world and bring the pandemic to a halt. He reached out and in partnership with IosBio they develop an oral COVID-vaccine which produced cellular immunity and antibody response in subhuman primates. Their  hAd5-COVID-19 is designed to attack not only the easily mutable spike protein of the virus, but also the more stable nucleocapsid proteins, which could give it an unique advantage against variants. They are now running a phase 1b clinical trial with two spaced vaccine doses in all possible combinations of oral administration and/or injection. The personal support Mr. Soon-Shiong will assure that they will not run out of funds.

Oravax

Oravax is a new joint venture: The Israeli Oramed (NASDAQ CM:ORMP) contributes knowhow in oral delivery of pharmaceutical agents gained with their oral Insulin preparation while Indian Premas Biotech Pvt. Ldt furnishes the vaccine whose three antigens could create immunity also to variants. The production in yeasts is cheap and easily scalable. Animal experiments resulted in production of IgA and IgG type immunoglobulins. Clinical experiments start this quarter and approval is hoped for within six months.

Protein Potential and Sanaria Inc.

Prof. Kremser, director of the institute for tropical medicine in Tübingen, Germany told the Austrian newspaper "Kurier" in a January interview that they are developing an oral vaccine OraCOV in collaboration with two privately owned Maryland-based companies: Protein Potential and Sanaria Inc. They use a modified typhoid vaccine and preclinical studies are encouraging. The hope is that local mucosal immunity will not only suppress disease but also infectivity. Prof. Kremser is also leading the clinical vaccine trials of CureVac (NASDAQ:CVAC), but from the information available it seems that this oral vaccine path is independent from CureVac.

Immunitor

Immunitor is a Vancouver-based company partnered with Key Capital corporation (OTC:OTC:KCPC) and specialising in oral immunisations against a vast variety of diseases. For COVID they use tablets with heat-inactivated virus from human plasma. A phase I trial is due to end in May.


Chances for success

As said before to stop the COVID-pandemic and new mutations there is an urgent need for heat-stable vaccines that do not have to be injected. There is precedent for oral and nasal immunisation and meanwhile several groups are working on such projects. All have other preclinical or clinical projects. Their COVID-vaccines all have favourable preclinical data in animals, and five of them are already in the clinical phase while another one is starting just now. From the cumulated preclinical and clinical results it is already clear that these noninjectable COVID-vaccines can produce cellular immunity as well as local mucosal IgA-antibodies and neutralising serum antibodies of the IgG-type. Moreover, the immunisation was protective in some animal experiments.

Taking all these data together the question seems not anymore if an oral/nasal vaccination is possible but rather when, by whom and in which form it will be realised.

If the non-injected vaccine alone would not be sufficient, one could also imagine a first injection followed by an oral booster or vice versa. This would still reduce the needed infrastructure by half. Oral vaccination could also refresh an existing immunity, or protect against new variants and it could possibly even be combined with an oral flu-vaccination.

Such vaccines would have enormous markets of billions of people and could generate billions of profits.

Risks

Vaxart and most of its competitors produce huge losses and all are in a race which could not only produce one or some winners, but certainly also losers: Some could become multibaggers while some risk loss of all invested capital. And there is just no way to tell which will be which.

Last but not least such oral vaccines could become a risk for the other big players like BioNTech (NASDAQ:BNTX), Pfizer (NYSE:PFE), Moderna (NASDAQ:MRNA), CureVac and Johnson & Johnson (NYSE: JNJ). But given the advantages and the need it would not be a surprise if some of these would start their own development of no-shot vaccines.

Conclusion

If one likes this thrilling frontier one can invest a small sum of gambling capital, which I did with Vaxart after the pullback in February. But based on further study and the above reflections I plan to add add small positions in ImmunityBio, Oramed and Mymetics. It will be intersting to follow their evolution and some of these shares are so cheap that one can consider them as options to future value.


Freitag, 16. April 2021

Covid-Impfung ohne Spritze – ein offenes Rennen

(erstmals erschienen auf Insideparadeplatz am 16.4.2021)

Wer ein Vakzin zum Schlucken zustandebringt, der knackt den Jackpot. Denn in der armen Welt sind die heutigen Stoffe nicht massentauglich.

Alle zugelassenen Covid-Impfstoffe werden gespritzt, was von ängstlichen Leuten verweigert werden kann. Spritzen und Kühlkette brauchen Infrastruktur, Fachpersonal und Geld, wovon nicht in jedem Land genug vorhanden sind.

In Ländern mit ungenügender Durchimpfung entstehen resistente Virusvarianten, welche die Pandemie endlos machen können. Dieses Problem ist global, kann nur global gelöst werden, und zwar kaum mit einer Spritzimpfung.

Grosses Interesse findet deshalb neuerdings die Möglichkeit von Schluckimpfungen oder Impfungen über die Nase. Tönt utopisch, aber Nahrungsmittelallergien und Heuschnupfen beweisen, dass das Immunsystem auch dort reagiert; und es gibt den Präzedenzfall der Polio-Schluckimpfung.

Eine geschluckte Impfung muss zuerst den Magen überleben: Was auch immer man als Antigen verwendet, muss es so verpackt werden, dass ihm die Magensäure nichts anhaben kann und es sich erst im Darm auflöst. Das braucht spezielles Knowhow ausserhalb der Immunologie.

Solche Vakzine sind oft wärmestabil und billig. Sie könnten per Post verschickt und durch Laien selber angewendet werden. So erhielte man mehr Reichweite für weniger Geld.

Virosom (Bild: Mymetics)

Nun zu den einzelnen Entwicklungen und Entwicklern:

  • Die Firma Vaxart (NASDAQ:VXRT) aus San Francisco entwickelt schon länger Schluckimpfungen gegen das durchfallerregende Norovirus and gegen das gebärmutterkrebserregende Papillomavirus. Zusammen mit Janssen (Tochterfirma von Johnson & Johnson) entwickelt sie eine orale Grippeimpfung, welche in einer Phase II-Studie bessere Resultate ergab als eine etablierte Spritzimpfung – bei Bestätigung durch eine Phase III-Studie wäre das eine absolute Sensation. Vaxart's Covid-Impfstoff ergab guten Schutz im Tierversuch, und eine Phase I-Studie am Menschen erzeugte zelluläre Immunität und lokale Ig-A Antikörper, jedoch keine IgG-Antikörper im Serum, was zu einem Kurssturz führte. Das scheint ungerechtfertigt, weil auch einer von sechzehn Covid-Geheilten keine Serumantikörper aufweist, und weil Tierversuche zeigten, dass bei niedrigen Antikörpern die zelluläre Immunität schützt. Und wenn diese Impfung das Virus am Erreichen des Blutstroms hinderte, wäre das Fehlen von Serumantikörpern kein Nachteil. Nur der klinische Versuch kann das klären.
  • Die private englische iosBio (früher Stabilitech) entwickelte Schluckimpfungen gegen das Zika-Virus und die Influenza unter Zuhilfenahme eines Adenovirus-Vektors. Zusammen mit ImmunityBio (NASDAQ:IBRX) aus Los Angeles arbeitet sie an einem oralen Covid-Impfstoff, der im Affenversuch zelluläre Immunität und Antikörper produzierte. Es läuft jetzt eine Phase 1 Studie, in der zwei Impfdosen hintereinander verimpft werden, und zwar in allen denkbaren Kombinationen von gespritzt und geschluckt. Die persönliche Unterstützung des Chefs von ImmunityBio, Patrick Soon-Shiong, einem Arzt und Multimilliardär, wird dafür sorgen, dass ihnen die Mittel nicht ausgehen.
  • Die schweizerische Mymetix Corporation(OTC:MYMX) verfolgt die Route über die Nase. Mit der US-Grossfirma Catalent (NYSE:CTLT) teilt sie intellektuelles Eigentum darüber, wie man antigenes Material in virusartige Partikel packt (sogenannte Virosomen). Der nasale Impfstoff wird mit dem Baylor College von Texas entwickelt und ergab vielversprechende Resultate im Tierversuch.
  • Neu im Rennen ist Oravax, ein Joint-venture. Oramed (NASDAQ CM:ORMP) aus Israel steuert das Know-how in der oralen Anwendung von Medikamenten bei, und die indische Premas Biotech Pvt. Ldt liefert den Impfstoff, dessen drei Antigene auch gegen Virusvarianten aktiv sein sollten. Die Produktion in Hefezellkulturen ist billig und in Grossmengen möglich. Klinische Versuche starten in diesem Quartal, Zulassung erhofft man innert sechs Monaten.
  • Professor Kremser, Direktor des Instituts für Tropenmedizin Tübingen, berichtete dem österreichischen „Kurier“ im Januar, dass er eine Schluckimpfung OraCOV gegen Covid entwickle, zusammen mit den zwei privaten US-Firmen Protein Potential und Sanaria Inc. Verwendet wird ein modifizierter Typhusimpfstoff, Tierversuche seien ermutigend. Professor Kremser leitet auch die klinischen Versuche von Curevac (NASDAQ:CVAC), aber diese Entwicklung scheint mit Curevac nichts zu tun zu haben. 
  • Weniger in Erfahrung zu bringen ist über Immunitor, eine Firma aus Vancouver in Kanada, welche Schluckimpfungen gegen eine Vielzahl von Krankheiten entwickelt. Gegen Covid verwenden sie Tabletten mit hitzeinaktivierten Viren aus menschlichem Blutplasma. Ein Phase-1 Versuch am Menschen soll im Mai beendet werden.
Wenn man all diese Daten anschaut, ist eigentlich nicht mehr die Frage, ob eine Impfung ohne Spritzen möglich wird, sondern eher wann und wie. Denkbar wäre die Anwendung geschluckt oder durch Nase allein, oder als zweite Impfung nach Spritzimpfung, oder auch als spätere Auffrischung, beziehungsweise Nachimpfung gegen Varianten.

Die meisten der erwähnten Unternehmen produzieren hohe Verluste. Und wie bei den mRNA-Vakzinen könnte das Rennen vielleicht nicht nur einen, sondern zwei oder drei Gewinner hervorbringen.

Aber sicher auch Verlierer. Auf der Verliererseite könnten plötzlich die Firmen stehen, die jetzt mit der Spritzimpfung Milliarden scheffeln, nur würde es nicht überraschen, wenn auch diese im Geheimen bereits an Schluckimpfungen arbeiten würden.

Börsenempfehlungen kann man nicht wirklich abgeben. Ich hätte lediglich offenzulegen, dass ich schon seit einiger Zeit einige Aktien von Curevac und Vaxart halte.

Sonntag, 11. April 2021

Scheinfunktion Risk-Officer

(Erstmals erschienen auf Insideparadeplatz.ch am 8.4.2021)

Für die Credit Suisse hatte ich früher ein gewisses sentimentales Interesse, wegen 1’000 sozusagen historischen CS-Aktien, die ein Vorfahre einst bei der Gründung erworben und mir über die Generationen vererbt hatte.



Ich habe diese Aktien rechtzeitig abgestossen und auch schon meine Enttäuschung über die CS geäussert (siehe unten). Und schon haben wir den nächsten Skandal: ungeheure Risiken, die Chief Risk Officer wird in die Wüste geschickt – was läuft hier ab und was läuft falsch?

Auch ein Laie darf sich ja Überlegungen machen. Das erste Mal zweifelte ich am Risikomanagement dieser Bank schon vor 25 Jahren.

Ich behandelte als Arzt eine CS-Filialleiterin aus einem Alpental mit Grandhotels, Tourismusbetrieb und Kurgästen, ein Bergkind aus einer abgeschlossenen Region, wo die Einheimischen nicht viel reden, wo aber jeder jeden kennt, wo jeder von jedem bis zurück zum Urgrossvater weiss, wer Rechnungen pünktlich bezahlt, wer Schulden macht, wer ein Spieler oder Angeber ist, wer seriöse und termingerechte Arbeit liefert, wer eine ruinöse Scheidung hinter sich oder gar noch vor sich hat, wer säuft oder wer querulatorische Prozesse führt.

Alles fast wie zu Gotthelfs Zeiten.

Wer kann Kreditgeschäfte in einer solchen geschlossenen alpinen Gesellschaft besser beurteilen, als eine Filialleiterin die dort aufgewachsen ist und von Familie und Schule, vom Trachtenchörli und den Abfahrtsrennen im Sportverein jeden kennt und über jeden Erkundigungen einziehen kann?

Sie hat mir mal nebenbei geklagt, dass die Credit Suisse in ihrer Weisheit den Filialleitern jetzt die Kompetenz zur Krediterteilung entziehe und in Zürich zusammenfasse. Aber die dort unten hätten ja keine Ahnung, wie es bei ihnen oben laufe, und viele Entscheide seien nicht nachvollziehbar.

Die Gründe für die Neuorganisation konnten somit kaum in der Sache liegen, schliesslich musste man kein grüner Anhänger von Dezentralisation und „Small is beautiful“ sein, um einzusehen, dass man solche Situationen in einer solchen Gesellschaft vor Ort besser beurteilen konnte.

Wahrscheinlich wollte einer dort unten seinen Machtbereich vergrössern, um Direktor oder Generaldirektor zu werden – übliches Säugetierverhalten halt.

Banking ist – wie die Medizin – ein risikobehafteter Beruf. Niemandem in der Medizin würde es einfallen, die Risiken irgendjemandem zu delegieren, beispielsweise einer spezialisierten Beurteilungsstelle oder einem Chief Risk Officer.

Denn nur der, der den Fall am besten kennt, kann das Risiko am besten beurteilen, und das ist halt der Mann (oder die Frau) an der Front, welche(r) den Fall managt.

Das wird im Banking kaum anders sein. Ich kann deshalb nicht glauben, dass ein Chief Risk Officer irgendwelche Risiken für die Bank abwenden kann, denn er kann die Abertausende von Geschäften, die jeden Tag abgewickelt werden, unmöglich kennen, und er ist nie vor Ort.

Und was nützt ein Heer von Risk-Managern und Mathematikern im Backoffice, wenn man an der Front nicht merkt, dass der fromme koreanische Grosskunde ein vorbestrafter Grossbetrüger ist? Ganz zu schweigen vom nächsten „Black swan“.

Im Klartext sind der Chief Risk Officer und seine Leute lediglich als Bauernopfer und Sündenbock bezahlt, damit man jemanden in die Wüste jagen kann, wenn etwas schief läuft.

Das heisst, sie wenden nicht Risiken von der Bank ab, sondern nur von den wirklich Verantwortlichen. So jetzt wieder bei der Credit Suisse.

Wie lange werden Publikum und Aktionariat (also unsere Pensionskassen) noch an solche Scheinmanöver glauben? Und wie lange werden Publikum und Aktionariat (also unsere Pensionskassen) noch obszöne Millionenboni für Zocker garantieren, die selber null Risiko laufen, weil sie kein eigenes Geld investiert haben?

Und wann wird man die nächste Bank mit Steuergeldern sanieren müssen?

In Erinnerung kommt einem, was C. Northcote Parkinson schon 1957 gesagt hat, nämlich, dass eine so verkommene Institution unrettbar verloren sei. Einzige Lösung bleibe, das Personal mit hervorragenden Arbeitszeugnissen zu versehen und an die gefährlichste Konkurrenz wegzuempfehlen sowie alle Geräte und Dokumente zu entsorgen. Die Gebäude seien hoch zu versichern und dann anzuzünden.

Erst wenn nur noch eine geschwärzte Ruine zurückbleibe, sei ein Rückfall ausgeschlossen.

Nur werden unsere Regierungsstellen solche Überlegungen ganz sicher nicht aufgreifen, erhalten unsere Bundesrätli doch bei Wohlverhalten von den Banken regelmässig ein Verwaltungsratssitzli bei Rücktitt.


Weiteres zumThema:

https://insideparadeplatz.ch/2019/09/26/obszoene-bankerloehne-als-symptom/

https://insideparadeplatz.ch/2019/10/16/banken-inkompetenz-und-neid-als-toedliche-infektion/

C.Northcote Parkinson: Parkinson’s Law or the Pursuit of Progress (1957). Der ganze Text findet sich online hier.




Dienstag, 16. März 2021

We are too many - A Taboo


(first published in German on Infosperber.ch june 27th 2019, updated june 20th 2020)

It’s our population growth that underlies just about
every single one of the problems that we’ve inflicted
on the planet. If there were just a few of us, then the
nasty things we do wouldn’t really matter and Mother
Nature would take care of it — but there are so many
of us.” (Jane Goodall, 2010)

When I was born in 1941, the earth had 2.5 billion inhabitants and Switzerland four million. Now the earth is marching towards eight billion inhabitants and Switzerland towards eight million.

With current diets it is only possible to feed this number of people with intensive agriculture, meaning a massive supply of fossil energy, mechanisation, pesticides and fertilizer, all of which ruin biodiversity and soils. In any case, we should no longer use fossil energy due to global warming. And the fertilizer stores are finite, they only last for a few hundred years.

Sustainable biological management without the supply of energy and fertilizer could feed far fewer people.

But this is not the end of the calamities: Global warming will, on balance, bring about a reduction in global crop yields and thus increase the imminent pressure from hunger, migration and wars. And the huge number of people who also want to consume - in China, South America, India and Africa - make global warming uncontrollable.

The massive increase in people, domestic animals and cultivated land has cut the habitats of wild animals and forests to an extent that amounts to strangling.  

This is not simply a loss of natural romanticism, because there is a risk of fundamental disturbances and imbalances in nature: For example, the plant world depends on the insects for pollination and reproduction. Therefore species extinction is also a deadly threat to humans. That is why the famous insect researcher and ecologist E.O.Wilson in his book "Half the Earth" demands that we reserve half the earth's surface for wildlife - in our own interest.

The large population has other consequences: A city of 100,000 or 150'000 people can be operated without cars and almost without local public transport. Only in larger cities do the large and inefficiently energy-consuming commuter flows arise, which make us more dependent on fossil energy and poison the biosphere with CO2.

Certain excesses of tourism can also be explained by population pressure: Popular tourist destinations in Switzerland and elsewhere are so ruined by overbuilding and overuse that you don't feel like going there anymore, just think of Davos, St. Moritz, or Crans -Montana. In the search for "unspoiled nature" one then uses air-transport and long-distance tourism, thereby also ruining the rest of the planet.


By increasing the human population on the cost of everything else living we move towards a sort of human monoculture, which as any monoculture becomes increasingly susceptible to infectious and epidemic diseases.  

Last but not least, Gunnar Heinsohn has shown that a large male birth surplus translates into war ("war index"), a mechanism that historians had previously overlooked.

One birth less has a far greater effect on the CO2-footprint than all other individual measures combined:



If we still had a world population of 2.5 billion, like in 1941, the environmental catastrophe would have been easier to avert. With a world population going towards 8 or 10 billion and beyond, it is more than questionable if we can still get the curve. And, even if we get this curve, a world without motorcars, flights and meat could be acceptable, - but a world without cows, milk, butter, cheese, with protein from grasshoppers and maggots ...?

It is therefore surprising how concerns about overpopulation are tabooed and even demonized in public conscience and discussions. A good example was the Swiss popular initiative "Ecopop", which wanted to channel a small part of the aid to developing countries into supporting voluntary (!) birth control. Among the initiators I know Benno Büeler, a mathematician and agronomist who has visited many developing countries and knows from "boots on the ground" experience how the catastrophic overuse of pastures is destroying fertile lands, not even taking into account global warming.

All Swiss parties opposed this initiative. One can accept that. But it was alarming that the Green member of parliament and parliamentary group leader Balthasar Glättli in his book "The creepy ecologists" puts Büeler and the people of Ecopop close to fascism: A malicious and mean slander, and, what is worse, the proof that Mr.Glättli does not understand the problem at all, just as little as the Green party leader Regula Rytz, who piously and missionarily joined in his choir. Among the Green leaders only the Green members of parliament Bastien Girod and Yvonne Gilli tried to discuss this issue in an extremely cautious paper in 2009 which hoewever was suppressed internally by militantly orthodox Greens.

I was able to personally confront Mr.Glättli at a book presentation in Bern, and he had to admit that Benno Büeler was well informed and honest, and that linking him with fascism had no factual base at all. 

Because Glättli had previously campaigned for the admission of tens of thousands of Syrians in Switzerland, I then explained to him that even if the two-degree target of global warming were met, large parts of the Middle East, Africa and Southern Europe would dry up, and that hundreds of millions of migrants to Europe had to be expected in the next few decades. I then asked how he saw the solution of this problem. His short answer, "One cannot handle this".

It seems that he and many orthodox Greens prefer to throw themselves into a feel-good pose and to bathe in the consequent popular success ("we are so humane") instead of really facing the problems. I call this variety of greenery the faith healers. They imagine that with good intentions, success is guaranteed. This might be naive, but such lack of awareness does not nix responsibility. I have learned from medicine to apply extreme mistrust to such attitudes, because they actually risk to provoke the opposite of the intented result. And we should not forget how Molières bigot Tartuffe mischievously justified the vileness of his actions by the purity of his intentions.

In the so-called developed nations, we no longer have surplus births. But if you really wanted to face the problem, you would have to conclude that there are too many of all of us: The first report by the Club of Rome from 1972 came to the conclusion that the ecosystems will tip over somewhere in the mid-21th century, unless various measures AND a stabilization of the population at level 1972 take place (then four billion). In a later paper they thought, the limit might be higher, but anyway an always increasing world population cannot be sustainable, certainly not if we want to guarantee even modest prosperity for everyone. If, in our own interest, we were to assign half of the habitats to wild animals with E.O. Wilson, the earth would probably at most have room for one or two billion people. 

However, we are on the way to a global temperature rise of 4-5 degrees by 2100 and the director of the Potsdam Institute for Climate Research, Johan Rockström, an expert on the limits of the planet, does not see how the earth then could feed todays population, maybe not even half. And what happens to the rest?

Almost no one dares to speak about this, not even most of the Greens. This is counterfeiting. However recently the young US MP Alexandria Ocasio-Cortez (* 1989) made statements in this regard. And the website "All in to save the world" lists the one-child family as the number one priority among the measures everyone can take. If you want to reach a billion people on Earth, you need the one-child family for almost three generations.


Donnerstag, 4. März 2021

Verhältnisblödsinn in der COVID-Impferei

(erstmals erschienen auf Insideparadeplatz am 4.3.2021)

Ich will hier keinen Impfgegner überzeugen: Wenn ein über 65-jähriger sich nicht vor COVID mit Todesrisiko von 2, 10 oder 20 Prozent schützen will, so entlastet er ja möglicherweise AHV und Pensionskassen. Das kann uns Überlebenden nur recht sein.  

Es geht um die, welche sich impfen lassen wollen, aber nicht können,  Leute mit viel Publikumskontakt, wie Pflegepersonal, LehrerInnen, Verkäufer und Verkäuferinnen, Kassiererinnen, Beamte des öffentlichen Verkehrs und so weiter. 

England und Israel haben die Risikogruppen schon voll geimpft und impfen jetzt die übrige Bevölkerung. Wir warten seit Vorfrühling 2020 sehnlich auf die Impfung, und von Anfang an war klar, dass nur die Impfung die Kalamität stoppen wird.

Das Tropeninstitut Basel beantragte im Sommer 2020, dass man in einer Studie mit Impfen beginne. Der Antrag wurde vom BAG abgeschmettert. 

Hoffnung keimte, als im Herbst klar wurde, dass die ersten Impfstoffe Ende Jahr zulassungsreif würden. 

Aber schon folgte der zweite Hammer: Prof.Berger, Infektiologe des Kinderspitals Zürich und Praesident der eidgenössischen Kommission für Impffragen, welche den Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheitswesen berät, sagte der NZZ noch im November, dass die Schweiz frühestens im Sommer 2021 mit Impfen beginnen könne, auch wenn die Impfstoffe im Ausland zugelassen seien. Zuerst müsse man die Unterlagen studieren, dann müsse man die Zulassung haben und dann die Logistik aufbauen, das brauche Zeit. An ein langsames Bern haben wir uns ja gewöhnt, aber das von einem Zürcher Professor? Man griff sich an den Kopf.  

Drei Tage später verschob er gegenüber der NZZ am Sonntag den Impfbeginn auf Frühjahr 2021, was die Sache auch nicht besserte. Kein Wunder, dass sich bei solcher Wegleitung niemand auf einen Impfbeginn vor Jahresende vorbereitete.  

Am 11. Dezember kam die Zulassung für den Pfizer-Impfstoff im Ausland. Aber die Swissmedic verbrauchte nochmals eine Woche, um die Unterlagen zu studieren und bestätigte die Zulassung erst vor dem Wochenende am Freitag 18. Dezember, also genau so spät, dass es unmöglich wurde, vor den Weihnachtsferien noch in grossem Stil zu impfen. So haben Prof.Berger und die Swissmedic mit vereinten Kräften den Start um einen Monat vertrölt, in dieser Zeit hatten wir gegen Hundert Tote. Pro Woche.  

Danach erfolgten die ersten Lieferungen des Pfizer-Impfstoffes schleppend. Trotzdem schafften es einige Kantone, selbst die vorhandenen Impfdosen nicht zu verbrauchen.

Und jetzt der nächste Hammer: Die Schweiz hat 5 Mio. Impfdosen von Astra-Zeneca bestellt und sie wären lieferbar. Der Impstoff ist im Gegensatz zu den Impfstoffen von Pfizer und Moderna im Kühlschrank haltbar und wurde in EU und Vereinigtem Königreich schon millionenfach verimpft. In Schottland senkte schon die erste Astra-Zeneca-Impfung die Hospitalisationen um 94 Prozent, war damit in dieser Hinsicht sogar besser als die Pfizer-Vakzine. Und der Weltexperte Dr.Fauci aus den USA sagt, dass er sich mit jedem Impfstoff würde impfen lassen. Trotzdem ist der Impfstoff hier nicht zugelassen, Swissmedic wartet auf  die US-Zulassungsbehörde FDA. Und das BAG «versteckt» sich wie schon bei früheren Zulassungen hinter Swissmedic, spricht schon öffentlich davon, den Astra-Zeneca-Impfstoff wegzugeben oder weiterzuverkaufen. Man will auf zwei andere Impfstoffe warten, für welche noch nicht einmal die Zulassung beantragt ist und die bestenfalls im Mai kommen.  

Auch vom Impfstoff von Johnson & Johnson, der dieser Tage zugelassen werden soll,  ist nichts bestellt, obschon er in Teamarbeit zwischen dem Schweizerischen und dem Holländischen Labor von Janssen entwickelt wurde und auf bewährter Technik basiert, obschon auch er im Kühlschank haltbar ist und davon ein Schuss genügt. Mit dem Sparen von ein paar Millionen verursacht man Milliardenschäden.

Wenn auch das Fehlen von Impfstoff selbstverschuldet ist, so könnte man den geimpften Personenkreis erweitern, indem man zuerst möglichst viele erstmals impft und die zweite Impfung erst drei Monate später verabreicht. Da schwere Verläufe schon durch die erste Impfung zu 85-94 Prozent verhindert werden hätte man einen rascheren Schutz von doppelt sovielen Personen. Das machen die Engländer und erhalten damit sogar eine doppelt so hohe Antikörperreaktion. Aber Prof.Berger will davon nichts wissen: «Die Gruppe, welche zurzeit geimpft wird, also die Alten und besonders Vulnerablen, muss vollständig geschützt werden». Wie wenn der Schutz durch zweimalige Impfung vollständig wäre. Ist er aber nicht, auch zweimalige Impfung schützt nicht voll, nur zu 95 Prozent.   

Der Grund der Trölerei mag staatliche Unbeweglichkeit sein, bei Swissmedic kommt noch dazu, dass sie mit ihren Manövern verdecken will, dass sie eigentlich überflüssig ist. 

Die Folgen der Trölerei sind Krankheitsfälle, Langzeitfolgen, Todesfälle, Verlängerung der Coronamassnahmen, schwere wirtschaftliche und psychische Schäden und Vertrauensverlust. 

Dass der Bundesrat sich weiterhin von einem Experten beraten lässt, der noch im November 2020 erst im nächsten Sommer mit Impfen beginnen wollte, der mithin die Dringlichkeit der Situation von Anfang an völlig verkannte ist unverständlich. 

Ebenso unverständlich ist, dass sich die Politik  weiterhin vor allem über Details von Massnahmen und Lockdowns herumbalgt, anstatt die ganze Kraft in die raschestmögliche wirksame Impfstrategie zu investieren, welche allein dem Spuk ein Ende bereiten kann. 

Berater und Behörden verfügen über Macht in Form von Befugnissen und Kompetenzen, aber sie tragen auch eine Verantwortung. Wer seiner Verantwortung nicht genügt verdient die Befugnisse und Kompetenzen nicht und muss ausgetauscht werden.    


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