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Samstag, 4. Januar 2020

Das Versagen der NZZ


Sehr geehrte Redaktion der NZZ,

Es wäre aus liberaler Sicht nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie den Alt-Weltwocheredaktor Schär in Form einer Buchrezension von Andrew McAfee's  «More for less» (2019) eine weitere Bagatellisierung der Umweltkatastrophe schreiben liessen, falls Sie andere Standpunkte auch berücksichtigen würden. Aber Ihr Blatt ignoriert systematisch die masstabsetzenden Bücher zum Problem, ich erwähne nur Schellnhuber: Selbstverbrennung (2015), Wallace-Wells: Die unbewohnbare Erde (August 2019), oder Glaubrecht: Das Ende der Evolution (Dezember 2019) - das heisst, das Bagatellisieren ist bei Ihnen Programm (mehr dazu hier: NZZ gegen Wissenschaft).

Australischer Bub (11) steuert das rettende Boot
1983 hat die Freisinnige Partei des Kantons Bern der chancenreichen Leni Robert die Nationalratskandidatur verweigert, was zur Gründung der Freien Liste/Grünen Partei auch im Kanton Bern führte. Wir haben damals der Freisinnigen Partei die Bedeutungslosigkeit vorausgesagt, falls sie die wesentlichen Probleme der Zeit ignoriere. Inzwischen ist die FDP auf diesem Weg schon weit fortgeschritten und ihre zwei Bundesräte sind nicht mehr zu rechtfertigen.

Ihrer Neuen Zürcher Zeitung ist die gleiche Bedeutungslosigkeit vorauszusagen, falls sie sich weiter vor der Schicksalsfrage unserer Zeit drückt, besonders nachdem in den letzten zwölf Monaten eine nie gekannte Zahl von Temperaturrekorden die Erde bedroht. Auch mit Hofieren des Deutschen AfD-Publikums werden Sie sich nicht retten können. Und solange nötig werden wir nicht nachlassen, auf dieses klägliche Versagen Ihres einst stolzen Blattes hinzuweisen.

Mit freundlichen Grüssen

Lukas Fierz, Alt-Nationalrat

Dienstag, 3. September 2019

NZZ gegen Wissenschaft

(Zuerst erschienen bei Infosperber vom 4.9.2019, letztmals ergänzt 28.1.2022)

Die Neue Zürcher Zeitung, 1780 als Zürcher Zeitung gegründet, war das Sprachrohr der frühen liberalen Bewegung, sie war die fortschrittliche Zeitung meiner revolutionären Vorfahren, die im Stäfnerhandel und in der Helvetischen Republik aktiv waren, die Zeitung, die seit Generationen von der Zürcher Intelligenz gelesen wurde, die meine Grosseltern und Eltern abonniert hatten und auch ich seit 53 Jahren. 
Mit wachsender Verärgerung und Besorgnis lese ich deshalb in der NZZ Artikel, die in der Klimafrage wissenschaftliche Tatsachen als Meinung darstellen und ihnen die Meinung von Schwätzern und Interessenvertretern gegenüberstellen, um den Eindruck zu erzeugen, dass es darüber noch eine "Debatte" gebe. 

Lange entschuldigte ich das damit, dass Redaktionen halt von Phil-Einsern und Geisteswissenschaftlern dominiert seien, die nicht wissen, dass mit Naturgesetzen nicht zu spassen ist.

Neulich hat aber FDP-Grossrätin und Theologin Frau Dr. Acklin in der NZZ der Klimabewegung Naturvergottung vorgeworfen, was nicht biblisch sei. Beim Versuch zu einer Replik wurde klar, dass die NZZ eine eigentliche Kampagne fährt. Oft benutzt sie dazu das Feuilleton und die Meinungsspalten. Meist wird dabei auf die Schwächen der Jugendbewegung und insbesondere von Greta Thunberg geschossen, ohne dass man sich vertieft mit dem zugrundeliegenden Problem und dem Konsens der Wissenschaft beschäftigt. Die Kommentare sind überheblich, gönnerhaft und meist uninformiert.

Die Liste umfasst inzwischen mindestens 24 Autoren, keiner versteht etwas von Klimaphysik: Weder Chefredaktor und Historiker Gujer (hinter den Links stets deren Artikel), noch der (inzwischen ausgemusterte) Feuilletonchef und Philosoph Scheu, Bodybuilder und Kunstwissenschaftler Scheller, Medienprofessor Bolz, Publizistin Wirz, Anglistin Baer, Ethikprofessor Liessmann, Literaturprofessor Gumbrecht, die Historiker Reinhardt und Schär, Wirtschaftsprofessor Borner, Romancier Bruckner, Germanist  Schulte-Richtering, Wirtschaftshistoriker Ferguson, Literaturkritiker Bucheli, Politologe Serrao, Jurist und Speaker Matuschek, die Volkswirtschaftler Imwinkelried und Rasonyi, Redaktorin Pauline Voss
Marxismus-Experte Scherrer, Betriebswirtschafter Schwarz und schon gar nicht der Dramaturg Klaus-Rüdiger Mai, der sich nicht entblödete, die Klimajugend schamlos in die Nähe der Hitlerjugend zu rücken. Sicher habe ich einige übersehen. Das Ganze ist eine Desinformations- und Verleumdungskampagne, die angesichts des Ernstes der Situation nicht anders als selbstmörderisch bezeichnet werden kann. Und wie schäbig und jämmerlich gegenüber den Klimajugendlichen, die - noch Kinder - hier stehen und nicht anders können: https://www.welt.de/politik/ausland/article200813982/UN-Wie-koennt-Ihr-es-wagen-ruft-Thunberg-den-Politikern-entgegen.html.

Den Verantwortlichen sei ins Gewissen geredet, dass ihre Leserschaft nicht nur aus korrupten Zürcher Bankern besteht, sondern - wenigstens früher - auch aus Wissenschaftlern von zwei der weltweit angesehensten Hochschulen. Die NZZ, der Chefredaktor, der Feuilletonchef, der publizistische Beirat, der Verwaltungsrat, die Aktionäre und die hinter ihnen stehende FDP müssen sich an diesen Äusserungen messen lassen. Sie sollten sich schämen. Eine Weltwoche 2.0 braucht es nicht.

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