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Samstag, 28. September 2019

Offener Brief an den Auslandchef der NZZ


Sehr geehrter Herr Rasonyi

Sie sind der ca. sechzehnte (!) Autor, den die Redaktion der Neuen Zürcher Zeitung bemüht, um gegen Greta Thunberg bzw. die Klimajugend anzuschreiben, diesmal am Tag der Nationalen Klimademonstration,  auf der Frontseite und unter dem Titel: "Klimapolitik mit Greta und Mass", im Internet auch unter "Klimapolitik mit Mass und Verstand".



Soweit Ihre Argumentation faktenbasiert ist, zitieren Sie Projektionen des IPCC, ohne zu erwähnen, dass diese fahrlässig optimistisch sind, weil sie die weiter steigenden Treibhausgase ebensowenig einrechnen, wie die verminderte Strahlungsreflexion der Erde wegen Eisschmelze. Damit wird alles mindestens doppelt so schnell gehen, die Kippmechanismen, die jetzt beginnen (z.B.Methanfreisetzung aus dem Permafrost) noch nicht einmal eingerechnet. Beruhigend verweisen Sie auf die Reduktion der Treibhausgasemission in der EU, ohne zu erwähnen, dass der globale Treibhausgasausstoss weiter steigt, und zwar Jahr für Jahr stärker.

Ich mache Ihnen nicht einmal einen Vorwurf. Denn davon steht in der NZZ nichts. Aber ich mache der NZZ, der Redaktion, dem Verwaltungsrat und der dahinterstehenden FdP den Vorwurf, dass sie das nicht recherchieren und verständlich darstellen lassen. Das ist bewusste Desinformation. 

Wer diese Fakten kennt, kann die verzweifelte Wut von Greta Thunberg nicht anders als  adaequat finden. Es ist die patronisierende Besonnenheit des Establishments, welche wahnhaft ist.

Mit freundlichen Grüssen

Lukas Fierz, Alt Nationalrat.  


Dienstag, 3. September 2019

NZZ gegen Wissenschaft

(Zuerst erschienen bei Infosperber vom 4.9.2019, letztmals ergänzt 28.1.2022)

Die Neue Zürcher Zeitung, 1780 als Zürcher Zeitung gegründet, war das Sprachrohr der frühen liberalen Bewegung, sie war die fortschrittliche Zeitung meiner revolutionären Vorfahren, die im Stäfnerhandel und in der Helvetischen Republik aktiv waren, die Zeitung, die seit Generationen von der Zürcher Intelligenz gelesen wurde, die meine Grosseltern und Eltern abonniert hatten und auch ich seit 53 Jahren. 
Mit wachsender Verärgerung und Besorgnis lese ich deshalb in der NZZ Artikel, die in der Klimafrage wissenschaftliche Tatsachen als Meinung darstellen und ihnen die Meinung von Schwätzern und Interessenvertretern gegenüberstellen, um den Eindruck zu erzeugen, dass es darüber noch eine "Debatte" gebe. 

Lange entschuldigte ich das damit, dass Redaktionen halt von Phil-Einsern und Geisteswissenschaftlern dominiert seien, die nicht wissen, dass mit Naturgesetzen nicht zu spassen ist.

Neulich hat aber FDP-Grossrätin und Theologin Frau Dr. Acklin in der NZZ der Klimabewegung Naturvergottung vorgeworfen, was nicht biblisch sei. Beim Versuch zu einer Replik wurde klar, dass die NZZ eine eigentliche Kampagne fährt. Oft benutzt sie dazu das Feuilleton und die Meinungsspalten. Meist wird dabei auf die Schwächen der Jugendbewegung und insbesondere von Greta Thunberg geschossen, ohne dass man sich vertieft mit dem zugrundeliegenden Problem und dem Konsens der Wissenschaft beschäftigt. Die Kommentare sind überheblich, gönnerhaft und meist uninformiert.

Die Liste umfasst inzwischen mindestens 24 Autoren, keiner versteht etwas von Klimaphysik: Weder Chefredaktor und Historiker Gujer (hinter den Links stets deren Artikel), noch der (inzwischen ausgemusterte) Feuilletonchef und Philosoph Scheu, Bodybuilder und Kunstwissenschaftler Scheller, Medienprofessor Bolz, Publizistin Wirz, Anglistin Baer, Ethikprofessor Liessmann, Literaturprofessor Gumbrecht, die Historiker Reinhardt und Schär, Wirtschaftsprofessor Borner, Romancier Bruckner, Germanist  Schulte-Richtering, Wirtschaftshistoriker Ferguson, Literaturkritiker Bucheli, Politologe Serrao, Jurist und Speaker Matuschek, die Volkswirtschaftler Imwinkelried und Rasonyi, Redaktorin Pauline Voss
Marxismus-Experte Scherrer, Betriebswirtschafter Schwarz und schon gar nicht der Dramaturg Klaus-Rüdiger Mai, der sich nicht entblödete, die Klimajugend schamlos in die Nähe der Hitlerjugend zu rücken. Sicher habe ich einige übersehen. Das Ganze ist eine Desinformations- und Verleumdungskampagne, die angesichts des Ernstes der Situation nicht anders als selbstmörderisch bezeichnet werden kann. Und wie schäbig und jämmerlich gegenüber den Klimajugendlichen, die - noch Kinder - hier stehen und nicht anders können: https://www.welt.de/politik/ausland/article200813982/UN-Wie-koennt-Ihr-es-wagen-ruft-Thunberg-den-Politikern-entgegen.html.

Den Verantwortlichen sei ins Gewissen geredet, dass ihre Leserschaft nicht nur aus korrupten Zürcher Bankern besteht, sondern - wenigstens früher - auch aus Wissenschaftlern von zwei der weltweit angesehensten Hochschulen. Die NZZ, der Chefredaktor, der Feuilletonchef, der publizistische Beirat, der Verwaltungsrat, die Aktionäre und die hinter ihnen stehende FDP müssen sich an diesen Äusserungen messen lassen. Sie sollten sich schämen. Eine Weltwoche 2.0 braucht es nicht.

Weitere Artikel zu diesem Thema:

Freitag, 30. August 2019

Offener Brief an einen NZZ-Gastkommentator

Prof. der Medienwissenschaft Norbert Bolz, TU-Berlin
In der Neuen Zürcher Zeitung vom 30.August 2019 schreibt Prof. Norbert Bolz den Kommentar "Generation Greta - Was war schon wieder die Mission der jungen Klimaaktivistin? Kritik an einem Medienphänomen". Das Echo auf Greta sei ein Hype. 

Bolz lehrt Medienwissenschaften an der Technischen Universität Berlin und hat nicht die geringste Kompetenz für die Wissenschaft, die von Greta vertreten wird. So bleibt sein Artikel Schaumschlägerei im Rahmen der systematischen Desinformationskampagne der Neuen Zürcher Zeitung. Der Zeitung sei in Erinnerung gerufen, dass sie nicht nur korrupte Banker als Publikum hat, sondern auch denkende Zeitgenossen. Dieser Brief ging zuerst direkt an Prof.Bolz, er hat nicht reagiert. 

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Sehr geehrter Herr Professor Bolz,

Ihr Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung  "Generation Greta - Was war schon wieder die Mission der jungen Klimaaktivistin? Kritik an einem Medienphänomen" spricht von  Hype. Reden Sie mit Ihren Kollegen vom Potsdamer Institut für Klimaforschung. Es gäbe nämlich auch Tatsachen.

Interessanterweise sitzt der Direktor des Potsdam Institut für Klimaforschung im ehemaligen Büro Einsteins, jenes Einstein, dem vor ca. 80 Jahren per Unterschriftensammlung durch Idioten bescheinigt wurde, dass seine Physik jüdisch, unanschaulich und deshalb falsch sei.

Der Club of Rome hat 1972 einen Kollaps der Ökosysteme für das Jahr 2030 vorausgesagt, falls nicht verschiedene Massnahmen getroffen UND die Bevölkerung stabilisiert werde. Massnahmen wurden keine ergriffen und die verschiedenen Voraussagen des Club of Rome sind bisher ziemlich genau eingetroffen. Zwar hat die grüne Revolution das Nahrungsangebot verdoppelt, aber der Club of Rome hat schon 1972 darauf hingewiesen, dass dies an der Voraussage nichts ändern werde. Inzwischen werden die Sommer heisser, die Pole schmelzen ab, und namhafte Wissenschaftler halten die Situation für ausser Kontrolle und unumkehrbar. 


Greta vertritt den Konsens der Wissenschaft, an dem noch so viele Idioten nichts ändern können. Nur wer das ausblendet kann von Hype sprechen.

Freundliche Grüsse

Lukas Fierz, Dr.med., alt-Nationalrat, Bern, Schweiz

Mittwoch, 21. August 2019

Call a spade a spade: It's Holocaust 2 (*)


(Translation of "Redet endlich Klartext: Holocaust 2.0", in Bieler Tagblatt vom 17.8.2019, updated 31.7.2021)

Everyone is talking about climate change, a term without direction or threat. This is linguistic nebulisation which is part of our everyday life: the accident, which the insurance does not want to pay, becomes an "event", the genocide of the Armenians becomes a "temporary relocation", money printing becomes "Quantitative Easing". And this nebulization can have deadly consequences: the cause of the Challenger disaster of 1987 was a blown-off O-ring, which had already burned out on previous flights up to a third. One knew that, but by twisting the language up the hierarchy, this defect became a "safety factor of 3" and nothing was done (1). In fact a "safety factor of 3" would mean that nothing happens with a triple overload, but by no means a breakdown by a third under normal load, which signifies a safety factor of zero. Seven astronauts lost their lives.
Fossil by Heartless Machine (10)
And what is nebulised by the word climate change? First, it does not say what's up. “Global warming” would show the direction, but it’s also too pleasant. “Global heating" may be better - after all, heat can already affect. But does that nail the facts?

Every second global heating adds to the earth the energy of three to six Hiroshima bombs (2). It was fantasized that the Paris Climate Agreement of 2015 would limit the temperature rise to 1.5 degrees by 2100. But even if the agreement were met, the temperature would rise 2,4 degrees. But  anyway nobody sticks to it which leads us to 3,2 degrees global warming until 2100 according to official prognoses. That's why in 2017 the 1.5 degrees were moved to the middle of our century and in 2018, the IPCC brought the 1.5 degrees forward to 2040 (3). But even this dramatic report disregards that the greenhouse gases are rising further, bringing the 1.5 degrees forward to 2030, as the respected journal Nature wrote (4), a forwarding by seven decades within about seven years! And all this will be aggravated further by 20 or more percent because of disappearing snow and ice which reduces reflection, a fact also insufficiently considered in the IPCC-reports.

With one and a half degrees of warming 70-90 percent of all coral reefs will perish. The two degrees will destroy 99 percent of coral reefs. In southern Europe, the cultivation of citrus fruit, olives and wine will be impossible. Parts of the Middle East and North Africa (5) as well as Southeast Asia will become uninhabitable. Even with stabilized greenhouse gases any heating achieved would continue for decades. The fatal release of Methane from permafrost and sea has already begun and other self-reinforcing mechanisms can be added at any time. Just as threatening is the galloping species extinction through habitat destruction, poisoning and heat as well as the increasing water scarcity, everything aggravated by an expanding population. The German Federal Intelligence Service estimates that over one billion of people will flee, and that is only the beginning, after which, together with civilization and human rights, a large part of the biosphere will go down.

Climatologist Prof. Joachim Schellnhuber named his book "Self-Combustion" (6) and David Wallace-Wells his "The uninhabitable Earth" (7). That’s what it is: By greed, stupidity and herd instinct we are destroying everything, man and nature through heat, poison and drought. Therefore, the English Guardian does not talk about "global warming" any more, but takes up Greta Thunberg's proposals such as "climate collapse", "climate crisis", "climate emergency", "ecological crisis" etc (8). The famous biologist E.O. Wilson speaks of the "collapse of the ecosystem" (10). But all these expressions are abstract, out-of-the-way, they evoke a disaster that you can face like a flood or an avalanche. They do not imply that everything will end.

For decades, my newspaper the Neue Zürcher Zeitung publishes every few months very vivid and concise articles about the Holocaust. The villains are pointed at with fingers, and shudderingly one reads how human values and victims were exterminated by hunger, weapons, poison and crematoria, and - oh, say the citizens in their slippers and armchairs, - how are we so good... But I am somewhat astonished that the same vividness and precision do not apply to the upcoming elimination of human values, civilization and humanity from hunger, flight, war, environmental poisoning and global burning. What in fact lies ahead of us is the Holocaust 2, this time with gruesome consequences not only for Jews and Gipsies, but for all of us and for a big part of the biosphere. All just as deliberate as the first Holocaust, because causes, actors and consequences are known and visible for all to see. But all bigger by orders of magnitude. This has already started, and meanwhile we are still fighting over cannabis, COVID, genderism, health insurance and retirement age, as if this would have any importance in comparison. 

No, it's not climate change, it’s not global warming, it's Holocaust 2. And yes, we can silence, imprison and expel whoever protests. But this will not solve the problem any more than cowardly closing the eyes before reality.



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(*) It was doubted as to whether the expression "Holocaust 2" (from Greek, literally “Burning of everything”) was admissible. I have therefore submitted this text to a half-Jew and a Gypsy, both of whom had lost relatives in Auschwitz and are thus entitled to judge. Both affirmed that the expression was to the point and could be used.

The term holocaust was used from about 1600, long before the Nazis. Of those who rejected the expression, various claims were made: it was claimed that the first Holocaust was an industrial annihilation, the second was not. Yes, but is the second not industrial par excellence, namely a consequence of industrialization? It was also claimed that the first was deliberate and the second was not. Yes, but did not Exxon decades before the Greens know that the greenhouse effect would lead to catastrophe and still fund disinformation campaigns with hundreds of millions of dollars? And the Koch Brothers and all the bribed "experts", and the editors who do not listen to science or denigrate it (it's curious: If engineers and physicists calculate bridges, railways, airplanes, power plants, we entrust them our life without discussion. Only if they speak about the climate, everything must be lies, isn’t this queer?). It was objected that the first Holocaust had been deliberately run, and the second was "unconscious", but the differences seem small to me: Of course after the Second World War, all Germans said  "we all knew nothing about all that," albeit many had benefited from expulsions and expropriations, as Götz Aly has demonstrated. And hundredthousands of soldiers at least knew of mass exterminations in the East, if they did not even witness or participate. Likewise with climate: Most "know nothing about all that", although the information is freely available, and many young people know it very well. It was also objected that the special thing about the first Holocaust was racial paranoia - but the second Holocaust, is it not also caused by a paranoia? This time a paranoia of growth and consumerism, the consequences being even more appalling. It was said that the first Holocaust was so special because of its unique enormity. Such a view forgets that this enormity will be dwarfed by this new iteration. It was also said, that Holocaust means a specific direction against Jews and Gypsies. So far so good, but the second Holocaust concerns  Jews and Gypsies as well, and this time in in their totality, with the sole difference that this time it affects  everyone else too, including the entire biosphere. Logically the first Holocaust is therefore a mere subset of Holocaust 2. Sometimes the argumentation also turned into irrational polemic, e.g. the use of the term Holocaust was qualified as racist, or the author was mobbed just as the bearer of bad news.

This is all mere shadowboxing:  The question is whether you allow yourself to name the upcoming horror in an understandable and graphic way. In this case all the other words seem too clean, too objectifying, in short insufficient to grasp the impending state failure and the certain downfall of humanity and civilization. For the most part, in these discussions, I had the impression that one is resisting the expression in order to hide the reality under a cloak of squeamish political correctness,  and  -  suddenly everything is no longer urgent, we can move on to business as usual, by going to school, shopping, and going to work, expand highways and airports as before. We prefer to leave everything in the nebulization, right? ... That's exactly what brought upon us this predicament.

References
  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Rogers_Commission_Report
  2. https://www.theguardian.com/environment/2019/jan/07/global-warming-of-oceans-equivalent-to-an-atomic-bomb-per-second
  3. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/sites/2/2018/12/SR15_FAQ_Low_Res.pdf
  4. https://www.nature.com/articles/d41586-018-07586-5
  5. https://www.scinexx.de/news/geowissen/droht-dem-orient-ein-klima-exodus/
  6. https://service.randomhouse.de/book/Self-Combustion/Hans-Joachim-Schellnhuber/e481489.rhd?pub=1&frm=true
  7. https://www.nytimes.com/2019/03/06/books/review-uninhabitable-earth-life-after-warming-david-wallace-wells.html
  8. https://www.theguardian.com/environment/2019/may/17/why-the-guardian-is-changing-the-language-it-uses-about-the-environment
  9. https://www.populationconnection.org/article/an-afternoon-with-an-ant-man/
  10. http://nymag.com/intelligencer/2017/07/climate-change-earth-too-hot-for-humans.html



Samstag, 27. Juli 2019

Redet endlich Klartext: Holocaust 2 (*)


(Erschienen in Bieler Tagblatt vom 17.8.2019, aktualisiert 31.7.2021)

Alle reden von Klimawandel, ein Begriff ohne Richtung oder Bedrohlichkeit, der eigentlich vernebelt, was Sache ist. Besser wäre "Klimaerwärmung", aber auch das ist noch zu angenehm. Treffender vielleicht "Klimaerhitzung". Immerhin kann Hitze schon beeinträchtigen. Aber trifft das den Sachverhalt?

Fossil by Heartless Machine (9)
Jede Sekunde wird die Erde mit der Energie von drei bis sechs Hiroshimabomben aufgeheizt (3). Vor dem Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde davon gefaselt, den Temperaturanstieg bis ins Jahr 2100 auf 1,5 Grad zu begrenzen, aber selbst bei dessen Erfüllung würde die Temperatur um 2,4 Grad steigen. Weil sich niemand daran hält gehen die offiziellen Prognosen von 3,2 Grad Globalerwärmung bis 2100 aus. Deshalb musste man schon 2017 die 1,5 Grad auf Mitte unseres Jahrhunderts vorverschieben und 2018 hat das IPCC die 1,5 Grad offiziell auf 2040 vorverlegt (4)

Aber selbst dieser dramatische Bericht blendet aus, dass der Temperaturanstieg durch die weiter steigenden Treibhausgase weiter beschleunigt wird: Die 1,5 Grad sind schon 2030 oder vorher zu erwarten, wie die angesehene Zeitschrift Nature schreibt (5), eine Vorverlegung um sieben Jahrzehnte innert ca. sieben Jahren! Und das abschmelzende Poleis wird diese Effekte wegen verminderter Reflexion um 20 oder mehr Prozent verstärken, auch das nicht im IPCC-Bericht. 

Mit anderthalb Grad Erwärmung gehen 70-90 Prozent aller Korallenriffe zugrunde. Der nächste Schritt, die zwei Grad  zerstören 99 Prozent der Korallenriffe, in Südeuropa wird der Anbau von Zitrusfrüchten, Oliven und Wein unmöglich. Teile des Mittleren Ostens und Nordafrikas (6) sowie Südostasiens werden hitzebedingt unbewohnbar. Jede erreichte Erhitzung ginge sogar bei stabilisierten Treibhausgasen während Jahrzehnten weiter. Fatale Selbstverstärkungs- und Kippmechanismen können jederzeit dazukommen, soweit sie nicht schon jetzt ablaufen. Teils unabhängig und ebenso bedrohlich ist das galoppierende Artensterben durch Lebensraumzerstörung, Chemie und Hitze sowie der zunehmende Trinkwassermangel, alles verschärft durch unkontrolliert steigende Bevölkerung. Der Deutsche Bundesnachrichtendienst rechnet mit einer Milliarde Menschen, die flüchten und sich bekriegen werden, und das ist ja nur der Anfang, danach wird zusammen mit Zivilisation und Menschenrechten auch ein Grossteil der Biosphäre untergehen. 


Der Klimaforscher Prof. Joachim Schellnhuber benannte sein Buch "Selbstverbrennung" (7), David Wallace-Wells das seinige "Die unbewohnbare Erde" (8,9). Darum geht es doch, dass wir durch Gier, Dummheit und Herdentrieb alles zerstören, Mensch und Natur durch Hitze, Gift und Dürre. Der englische Guardian will deshalb nicht mehr von "global warming" reden, sondern nimmt Greta Thunbergs Vorschläge auf wie "Klimazusammenbruch", "Klimakrise", "Klimanotstand", "ökologische Krise" etc (10). E.O.Wilson redet vom "Zusammenbruch des Ökosystems" (11).  Nur bezeichnen alle diese Ausdrücke etwas abstraktes, etwas ausserhalb liegendes, etwas wie eine Überschwemmung oder eine Lawinenkatastrophe, dem man sich stellen kann. Sie machen nicht bewusst, dass damit alles endet.   


Seit Jahren bringt die Neue Zürcher Zeitung mit schöner Regelmässigkeit alle paar Monate sehr anschauliche und präzise Artikel zum Holocaust. 
Wohlig gruselnd wird mit Fingern auf die Bösewichte gezeigt, auf die Ausschaltung der Menschlichkeit durch Hunger, Waffen, Gift und Krematorien, und - ach, sagen sich die Bürger in ihren Pantoffeln, wie sind wir doch so gut... Aber ich wundere mich, wieso gilt die gleiche Anschaulichkeit und Präzision nicht für die  kommende Ausschaltung von Menschlichkeit und Zivilisation durch Hunger, Flucht, Krieg, Umweltvergiftung und globale Verbrennung? Was vor uns liegt ist der Holocaust 2, diesmal mit grauenhaften Folgen nicht nur für Mensch und Menschlichkeit, sondern für die ganze Biosphäre. Genauso vorsätzlich wie der erste Holocaust, denn Ursachen und Folgen sind bekannt und sichtbar. Aber in Ausmass und Vollständigkeit der Auslöschung um Grössenordnungen schlimmer. All das hat schon begonnen, und derweil streiten wir uns um Cannabisfreigabe, COVID, Gendersprache, Krankenkassenbeiträge und Pensionsalter, wie wenn das daneben noch irgendeine Rolle spielte. 


Nein, es ist nicht eine Klimaveränderung, es ist der Holocaust 2. Und ja, wir können totschweigen, einsperren und des Landes verweisen, wer dagegen protestiert. Aber das löst das Problem genau so wenig, wie das feige Augenverschliessen vor der Realität.   

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(*) Es wurde verschiedentlich bezweifelt, ob der Ausdruck "Holocaust 2" (aus dem Griechischen, eigtl. Totalverbrennung) zulässig sei. Ich habe diesen Text deshalb einem Halbjuden und einem Zigeuner vorgelegt, welche beide in Auschwitz Angehörige verloren hatten und somit befugt sind, zu urteilen. Beide bejahten, dass der Ausdruck treffe und gebraucht werden dürfe. 

Vorauszuschicken ist, dass der Begriff Holocaust schon lange vor den Nazis, d.h. seit 1600 gebraucht wurde. Von solchen, die den Ausdruck ablehnten wurde verschiedenes  vorgebracht: Es wurde behauptet, der erste Holocaust sei eine industrielle Vernichtung gewesen, der zweite nicht. Ja, aber ist der zweite nicht industriell par excellence, nämlich überhaupt eine Folge der Industrialisierung? Es wurde auch behauptet, der erste sei absichtlich gewesen, der zweite nicht. Ja, aber wusste nicht Exxon Jahrzehnte vor den Grünen, dass der Treibhauseffekt in die Katastrophe führe und finanzierte trotzdem Desinformationskampagnen mit Hunderten von Millionen Dollars? Und die Koch Brothers und alle die bestochenen "Experten", und die Redaktionen, die nicht auf die Wissenschaft hören oder sie verunglimpfen (es ist doch schon kurios: Wenn die Ingenieure und Physiker Brücken, Eisenbahnen, Flugzeuge, Kraftwerke berechnen, anvertrauen wir ihnen diskussionslos unser Leben, nur wenn sie vom Klima sprechen soll alles gelogen sein, da stimmt doch etwas nicht)? Es wurde eingewendet, der erste Holocaust sei bewusst betrieben worden, und der zweite sei ja "unbewusst": Mir scheinen die Unterschiede klein, auch nach dem zweiten Weltkrieg hiess es bekanntlich überall in selbstbemitleidendem Ton "davon haben wir ja alle nichts gewusst", obschon sehr viele von den öffentlich sichtbaren Enteignungen und Vertreibungen profitiert hatten, wie der Historiker Götz Aly nachgewiesen hat, und obschon mindestens Hunderttausende wennnicht Millionen von Soldaten von den Massenerschiessungen im Osten wussten, soweit sie nicht überhaupt Zeugen oder Täter waren. Genauso jetzt: Die meisten "wissen von dem ja überhaupt nichts", obschon die Informationen frei zugänglich sind, und viele Jugendliche es auch ganz genau wissen. Es wurde auch eingewendet, das besondere am ersten Holocaust sei der Rassenwahn gewesen, - aber der zweite, wird der nicht auch wegen einem Wahn geführt? Diesmal Wachstumswahn oder Konsumwahn, dafür sind die Konsequenzen noch entsetzlicher. Es wurde gesagt, der erste sei so besonders, weil er spezifisch gegen Juden und Zigeuner geführt worden sei. Soweit so gut, aber auch der zweite betrifft genauso Juden und Zigeuner, und das noch totaler als der erste, darin sind sie deckungsgleich, nur betrifft der Holocaust 2 jetzt alle anderen auch, incl. der ganzen Biosphäre. Der erste ist in diesem Sinne lediglich eine Teilmenge des zweiten. Manchmal ging die Argumentation auch in irrationale Polemik über, z.B. sei die Verwendung des Ausdrucks Holocaust rassistisch, oder man pöbelte gegen den Autor als Überbringer einer schlechten Nachricht. 

Das ist alles Spiegelfechterei,man streitet um Worte, um sich der Sache nicht stellen zu müssen. Die Frage ist doch, ob man das uns bevorstehende Grauen überhaupt adaequat benennen darf und kann. Und da scheinen alle anderen Worte zu sauber, zu objektivierend, - kurz ungenügend, um das bevorstehende Staatsversagen und den sicheren Untergang von Menschlichkeit und Zivilisation zu fassen. Überwiegend hatte ich in diesen Diskussionen den Eindruck, dass man sich gegen den Ausdruck wehrt, um sich unter einem zimperlich-schöngeistig-ethischen Mäntelchen vor der Realität zu drücken - und lalala, schon hat alles keine Dringlichkeit mehr, wir können zur Tagesordnung übergehen: Schule halten wie bisher, einkaufen wie bisher, arbeiten wie bisher, die Autobahnen und Flughäfen weiter ausbauen und müssen uns der Situation nicht stellen. Lieber lassen wir doch alles in der Vernebelung, oder?... Genau diese Haltung hat uns in diese Situation gebracht.
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(1) https://www.youtube.com/watch?v=_7bs7ShEVHM&t=35
(7) https://www.exlibris.ch/de/buecher-buch/deutschsprachige-buecher/hans-joachim-schellnhuber/selbstverbrennung/id/9783570102626
(8) https://www.exlibris.ch/de/buecher-buch/deutschsprachige-buecher/david-wallace-wells/die-unbewohnbare-erde/id/9783453281189
(9) http://nymag.com/intelligencer/2017/07/climate-change-earth-too-hot-for-humans.html
(10) https://www.theguardian.com/environment/2019/may/17/why-the-guardian-is-changing-the-language-it-uses-about-the-environment
(11) https://lukasfierz.blogspot.com/2019/07/klimaerwarmung-wassermangel.html

Dienstag, 30. April 2019

Verneigung vor Greta

Seit dem ersten Bericht des "Club of Rome" 1972 und seit dem Buch von Paul Ehrlich "The Population Bomb" 1968 war klar, dass die technokratische Wachstumsphilosophie eine Sackgasse ist. Zwar hat die grüne Revolution die Erträge verdoppelt und die Bevölkerungsbombe für eine Generation entschärft, aber das Problem ist nicht aufgehoben. Seit dem Jahr 2000 wurde auch immer klarer, dass die Klimaerwärmung ein ernstes Problem wird.

In der Schweiz etablierte sich seit den Siebziger- und Achtzigerjahren eine Grüne Partei, die versuchte, Antworten auf die neuen ökologischen Herausforderungen zu finden und anzubieten, zuerst durchaus im Rahmen liberal-bürgerlicher Vorstellungen. Von Anfang an wurde man von der bürgerlichen Presse - sofern man nicht überhaupt ignoriert wurde - systematisch lächerlich gemacht und als "links" abgestempelt, was zumindest in den Anfängen nicht zutraf. Die linken Kreise schauten dagegen die neue Konkurrenz scheel an. Der politische Effekt blieb eigentlich bis 2018 fast bei Null, obschon man schon 2015 zum Schluss kommen musste, dass die Klimaerwärmung das einzige Problem ist, auf das es jetzt noch ankommt. Lieber beschäftigten sich Medien und Öffentlichkeit mit Genderismus, Kopftüchern und anderen Nebensächlichkeiten.


Greta Thunberg streikt


Greta Thunberg, das 16-jährige Mädchen mit den Zöpfen hat geschafft, was die Grüne Bewegung seit vierzig Jahren nicht geschafft hat: Das Thema der zusammenbrechenden Umwelt auf den Tisch zu zwingen. Ihre Idee des Schulstreiks hält den Erwachsenen ihre Pflichtvergessenheit im Spiegel vor. Niemand kann ausweichen.

Die "Autoritäten", die das Problem weiterhin ignorieren wie Roger Köppel, Henryk M.Broder, Pater Martin Rhonheimer  oder die Redaktoren der WELT und der NZZ vermuten hinter Greta und ihrer Bewegung Manipulation, Fremdsteuerung und Kindsmissbrauch und reagieren entsprechend mit Kopfschütteln, Herablassung, Mitleid, selbstgerechter Empörung oder Hohn.

Wer dagegen das Problem sieht kann sich nur dankend verneigen.