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Dienstag, 15. Oktober 2019

Banken - Inkompetenz und Neid als tödliche Infektion


(Zuerst erschienen auf Inside Paradeplatz vom 16.10.2019)

Neulich bin ich in "Parkinson's Law" auf das achte Kapitel "Injelititis or palsied Paralysis" gestossen, welches beschreibt, wie Inkompetenz in Kombination mit Neid Firmen ruiniert. Wie war das doch - Inkompetenz und Neid - hörte man davon nicht bei den Vorgängen um die Crédit Suisse? Verwundert fragt man sich, was Parkinson allenfalls zum Verständnis beitragen könne.  
C.Northcote Parkinson's (1909-1993) Grab in Canterbury
Bild: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58119542

In gewissen Organisationen, wo nichts mehr funktioniere handle es sich nach Parkinson keineswegs um ein Versagen, sondern um einen absichtlich herbeigeführten Zustand, der in Analogie mit den Stadien der Syphilis folgendermassen entstehe:  

Das Primärstadium beginne, wenn in einer Organisation ein Individuum auftauche, das einen hohen Grad von Inkompetenz (Incompetence=I) mit einem hohen Grad von Neid (Jealousy=J) vereinige. Inkompetenz und Neid seien bei jedem vorhanden und für sich allein harmlos. Aber eine hohe kombinierte Konzentration von I3J5 führe zu einem chemischen Produkt, das den Effekt habe, dass ein Individuum nichts nützliches mehr leiste sondern versuche, andere Abteilungen zu behindern und die Kontrolle über den ganzen Laden zu erlangen. Dieses Anfangsstadium könne entfallen, wenn das Individuum ganz oben einsteige (was ja vorkommt).  

Einmal oben versuche das Individuum im Sekundärstadium, alle fähigeren Mitarbeiter zu entfernen und Einstellung oder Beförderung von fähigen Leuten zu blockieren. Das verbreite sich wie eine Infektion: Wenn der Chef zweitklassig sei, werde die zweite Führungsebene drittklassig, weiter unten viertklassig und so fort. Beförderungskriterium sei die Stupidität, gewisse Leute würden deshalb so tun, als ob sie noch hirnloser wären als sie tatsächlich seien. 

Im Tertiärstadium enthalte die Organisation keinen Funken von Intelligenz mehr, sie sei praktisch tot - entsprechend der Verblödung bei tertiärer Syphilis mit progressiver Paralyse. Die Organisation könne in diesem Koma Jahrzehnte überdauern oder sich auflösen. Extrem selten seien Spontanerholungen, nämlich dann, wenn Vorgesetzte zu dumm seien, um einen fähigen Mitarbeiter zu erkennen und versäumten, ihn rechtzeitig zu blockieren. 

Parkinson nennt diese Infektionskrankheit "Injelititis" (abgeleitet von In-competence und Je-alousy). Neben Hinweisen zur Diagnostik gibt Parkinson solche zur Therapie: Im nicht zu fortgeschrittenen Sekundärstadium genüge manchmal, aber nicht immer, ein chirurgischer Eingriff. Das Tertiärstadium sei im Grunde unheilbar, es bleibe nur der Neustart, neuer Name, neuer Ort, neue Crew. Infiziertes Personal müsse mit hervorragenden Arbeitszeugnissen versehen und an die gefährlichste Konkurrenz wegempfohlen, sowie alle Geräte und Dokumente entsorgt werden. Die Gebäude seien hoch zu versichern und dann anzuzünden: Erst wenn nur noch eine geschwärzte Ruine zurückbleibe sei man sicher, dass die Erreger der Infektion abgetötet seien. 

Es lohnt, die beissenden Bemerkungen zu Diagnostik und Therapie im Original zu lesen. Und nein, Parkinson kann nicht von der heutigen Crédit Suisse gesprochen haben, das Büchlein ist über sechzig Jahre alt. Klagen wegen übler Nachrede sind aussichtslos, weil alle Ähnlichkeiten nicht beabsichtigt und rein zufällig sein müssen…   

Literatur: C.Northcote Parkinson: Parkinson’s Law or the Pursuit of Progress (1957). Der ganze Text findet sich online hier: 

Montag, 7. Oktober 2019

Negativzinsen oder "Der Markt hat immer recht"

(Zuerst erschienen auf Journal21.ch am 6.10.2019)

Negativzinsen sind eine Zusatzsteuer auf parkiertem Geld. Offiziell sollen sie zu Investitionen zwingen und so die Wirtschaft ankurbeln, eine Art finanzielles Zauberlehrlingsspiel, gespielt von  Zentralbankern für Regierungen, die im Sattel bleiben wollen. So wird es uns erklärt. 
Aber könnte es nicht sein, dass es gar kein Zauberlehrlingsspiel ist, sondern ein Symptom, ein Abbild der Realität? 

Im Grunde genommen ist Zins eine Wette auf eine profitable Zukunft: Du bringst Dein überschüssiges Geld zur Bank, die leiht es jemandem, der damit Geld verdient, der am Schluss Zins und geliehenes Kapital zurückzahlt und den Rest behält - eine Win-Win-Situation. 

So könnte ein Negativzins auch signalisieren, dass es diese Win-Win-Situation nicht mehr gibt, weil es keine profitable Zukunft  gibt, etwa derart, dass man in Zukunft mit Geld weder viel verdienen noch kaufen kann. 

Ja, was ist mit dieser Zukunft? Der Ausstoss von Treibhausgasen wird jährlich grösser, nicht kleiner. Die IPCC-Reports berichten nur die Hälfte der Kalamität. Bis 2030 kommen anderthalb Grad globaler Klimaerwärmung, zwei Grad bis 2040 und vier bis fünf oder mehr Grad bis 2100. Rockström, der Direktor des Klimainstituts Potsdam, meint, dass eine vier Grad wärmere Erde kaum 8 Milliarden Menschen, und vielleicht nicht einmal die Hälfte davon wird ernähren können.  Schon jetzt leidet ein Viertel der Menschheit an Wassermangel. Weltweit sterben Bienen, andere Insekten, Fischpopulationen, Landlebewesen, während die Weltbevölkerung weiter explodiert. 

Derweil sind wirkungsvolle Gegenmassnahmen nicht festzustellen, nur wirkungslose Absichtserklärungen (Kyoto, Paris) und Alibimassnahmen (CO2-Kompensation). Im Endeffekt sind wir unterwegs zu einem unbewohnbaren Planeten, mit Verhältnissen wie im Mittleren Osten, Hungersnöten, Seuchen, Massenmigrationen, Staatszerfall und Krieg. In einer solchen Welt werden Geld und seine Derivate den Wert verlieren. Wie, wenn uns die Negativzinsen genau das signalisieren wollten? Schliesslich hat der Markt immer recht...

Neuer Hauptsitz als Verkaufssignal

(erstmals erschienen auf Inside Paradeplatz am 7.10.2019)

SWATCH habe nie eine Heimat gehabt, nur viele zugemietete Gebäude, sagte Nick Hayek (64) am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung des neuen Hauptsitzes in Biel BE: «Jetzt haben wir alle Marken, die das Herz der Swatch Gruppe sind, erstmals unter einem Dach».  Der SWATCH-Hauptsitz kostete 220 Millionen, entworfen von einem japanischen Star-Architekten. Als 240 Meter langer Wurm liegt er im Grünen - Analogien zur SVP-Kampagne müssen zufällig sein. 



Vor über siebzig Jahren hat C.Northcote Parkinson in "Parkinson's Law"  anhand der Englischen Kolonialverwaltung gezeigt, dass eine Verwaltung jährlich wächst, auch wenn ihr Aufgabenbereich  schrumpft. 

Im gleichen Buch hat es auch ein Kapitel über  Hauptsitze: "Plans and Plants - or the Administration Block". Zuerst beschreibt er den chaotischen Zustand des produktiven Startups - die Garagen von Silikon-Valley lassen grüssen oder Ueli Pragers berühmte  Mövenpick-Baracke. Und dann weist er nach, dass das perfekt geplante Hauptquartier meist erst dann realisiert wird, wenn eine Institution vor dem Kollaps steht. Die Liste seiner Beispiele ist lang: Der Petersdom in Rom und der Niedergang des Papsttums; Versailles und der Niedergang der Französischen Monarchie; Der Völkerbund war schon am Zerfallen, als sein Genfer Palast 1937 eröffnet wurde. Weitere Beispiele sind verschiedene grossartige Verwaltungsgebäude in London und Indien.

In Bern baute der stolze Monopolbetrieb ASCOM in den Achtzigerjahren einen postmodernen Prachtssitz mit Eingangstreppe und skulpturaler Eingangspartie aus  gestreiftem Botta- Marmor und Glas. Schon bei der Einweihung musste ich an Parkinson denken und bald danach begann der schmerzhafte Abstieg zum mühsam sich über Wasser haltenden Nischenanbieter.  

Parkinson schliesst sein Kapitel über Hauptsitze so: "Wenn wir ein Beispiel solcher Planung sehen... schütteln die Experten unter uns traurig ihr Haupt, decken ein Tuch über den Leichnam und stehlen uns auf den Zehenspitzen ins Freie." Nicht ohne vorher noch die Aktien verkauft zu haben, möchte man anfügen.   

Der ganze Text von "Parkinson's Law or the Pursuit of Progress" findet sich online hier: 
https://web.archive.org/web/20140702141306/http://bookmobile.american-buddha.com/viewtopic.php?f=18&t=87


    





Montag, 30. September 2019

A bow to Greta

Just as olms are totally blind, the human species seems constitutionally blind to the dangers that could be seen with just a little attention: Since the first report of the "Club of Rome" in 1972 and since the book by Paul Ehrlich "The Population Bomb" in 1968 it was clear that the technocratic philosophy of growth is a dead end. And since the year 2000, it has become increasingly clear that global warming is becoming a serious problem.

Its true that since the 1970s and 1980s, there was a worldwide emergence of Green movements and parties, which attempted to find and offer answers to the new environmental challenges. In Switzerland they initially operated within a framework of liberal-bourgeois ideas. But the bourgeois press systematically ridiculed and labelled them as "leftists" while the left considered the new competition with a jaundiced eye. Practical political effects remained close to zero and after having participated very actively in the initial years I gave up already in 1991.  

Greta Thunberg, the 16-year-old girl with braids, has achieved what the Green Movement has not for forty years: to force the issue of the collapsing environment on the table. Their idea of ​​the school strike keeps the adults from their duty oblivion in the mirror. And she represents things brilliantly, the leader of a late resistance - no one can avoid her.

How shabby and miserable are the assembled "authorities" who continue to ignore the problem, who together with the Murdoch Press or German speaking newspapers like die WELT and Neue Zürcher Zeitung suspect behind Greta and her movement manipulation, third-party control, as well as child abuse and respond accordingly with head-shaking, condescension, pity, self-righteous indignation or mockery. Greta Thunberg has countered such reproaches on Facebook herself.

If you are able to face the problem you can only bow to her with thanks. And of course she deserves the Nobel Prize. Who else?







Donnerstag, 26. September 2019

Obszöne Bankerlöhne als Symptom

(Zuerst erschienen auf insideparadeplatz.ch und journal21.ch am 26.9.2019)


Zugegeben, ich bin nicht unparteiisch.
Mein Ur-Ur-Grossvater Heinrich Fierz-Etzweiler (1806-1891), Unternehmer und Seidenhändler war Verwaltungsrat der Schweizerischen Kreditanstalt (1859–1881), von 1877–1881 auch dessen Vizepräsident und Präsident. Aber was ist aus diesem Laden geworden...

Jahreslöhne von 13 Millionen und Boni in Millionenhöhe sind weitab irgendwelcher Durchschnittseinkommen, man kann sie als Abnormität einordnen.

Abnormität wäre an sich noch keine Wertung. Sie sind aber mehr als abnorm, sie sind ungesund, denn kein Mensch kann 13 Millionen im Jahr durch Leistung verdienen, kein Mensch kann 13 Millionen im Jahr vernünftig verbrauchen, und - das kann man wohl sagen - kein wirklich anständiger Mensch könnte oder würde ein solches Honorar als verdient annehmen. Kommentatoren verwundern sich denn auch immer wieder kopfschüttelnd, dass solche Exzesse von Aktionariat und Verwaltungsrat widerspruchslos abgenickt würden. Ist die kopfschüttelnde Verwunderung berechtigt?

Das Ungesunde und Krankhafte liegt hier im Urteilen und Bewerten, wir sind im Bereich der Psychopathologie. Wie immer bei einem abnormen medizinischen Befund stellt sich die Frage, ob das Symptom schon die ganze Krankheit sei, oder ob sich eine andere Grundursache dahinter verberge. Um bei einem medizinischen Beispiel zu bleiben: Beim einfachen hohen Blutdruck ist das Symptom auch die Krankheit, aber hoher Blutdruck kann auch Symptom einer Nierenerkrankung sein, und die Behandlung wird ganz anders.


Um zur Psychopathologie zurückzukehren: Nach Sigmund Freud können neurotische Symptome aus verdrängten psychischen Inhalten - quasi als Abfallprodukt - entstehen. Alfred Adler hat dazu ergänzt, dass psychische Symptome nicht notwendigerweise ein "Abfallprodukt" sein müssen, sie können durchaus einen Zweck haben, ja sie können einen Zweck geradezu durchsetzen (1). Diese Adlersche Erkenntnis hat mich zur Frage gebracht: Was, wenn die obszönen Bankerhonorare nicht die Krankheit wären, sondern nur ein Symptom, hinter dem sich ein ganz anderer Zweck versteckte?

Zum Beispiel könnten solche Honorare signalisieren, dass sich gar kein anständiger Mensch melden solle, weil es nicht um verdientes Geld geht. Denn das ganz grosse Geld macht man mit Oligarchen und Drittweltpotentaten, mit Drogenhändlern und drogenproduzierenden Pharmabossen (Purdue), die den zusammengerafften Reichtum in Sicherheit bringen wollen. Kommen dazu die Bankspekulationen mit hundertfachen Hebeln.

Klar, man betreibt auch Swiss Retail Banking, dies als Tarnung und vor allem als Rückversicherung, damit die tumben Schweizer Steuerzahler die Milliardenverluste decken, wenn wieder mal was schiefläuft. Hat ja bisher immer blendend funktioniert. Schliesslich ist man systemrelevant und die Bundesrätli bekommen bei Wohlverhalten auch immer ein Verwaltungsratssitzli, damit das Volk weiter geradestehen darf.


Wenn das Geschäft mit den Drittweltpotentaten gut laufen soll, braucht es Bereitschaft zur Korruption, und genau das wird mit den obszönen Honoraren signalisiert und honoriert. Und am besten gibt man die Leitung des ganzen Schweizer Instituts auch gerade Vertretern der Drittweltpotentaten, dann ist gegenseitiges Vertrauen garantiert. Dass damit Schweizer Solidität, soweit sie denn noch restweise vorhanden war, vor die Hunde geht, dass damit die Umgangsformen einer Bananenrepublik und einer Bananenfirma importiert werden ist in Kauf zu nehmen. Verwaltungsrat und Aktionariat nicken ab, nicht trotz der Excesse und Auswüchse, sondern eben gerade, weil diese begründet und gewollt sind. Es gibt weder was zum Verwundern, noch zum Kopfschütteln.

Übrigens habe ich die generationenlange Beziehung meiner Familie zur Credit Suisse schon lange gekappt.


Literatur:
(1) C.G.Jung, "Über die Psychologie des Unbewussten", 8.vermehrte und verbesserte Auflage, von "Das Unbewusste im normalen und kranken Seelenleben" Rascher 1943, Nachdruck Rascher Paperback 1966, S.47.


Dienstag, 17. September 2019

The fragility of human rights and of climate justice

(Translation of "Die Fragilität von Menschenrechten und Klimagerechtigkeit" first appeared on  Journal21 am 15.9.2019, updated 27.4.2020)


I share the longing of all who are committed to human rights and to climate justice together with Greenpeace, Fastenopfer, Bread for All, Climate Strikers and the Swiss Green Party, which has inscribed climate justice on its flag before last autumns election. 

By demanding human rights and climate justice you confirm to yourself and others that you are a good person - perhaps sometimes this might be the only reason for these demands and this is acceptable. But if these demands were an unrealistic pious wish? Could it be possible that you are deceiving yourself? And if you put them before the electorate could you then perhaps be cheating on voters? (But then false promises have always been the core business of politicians).

Of course, human rights are anyway demanded from various sides: Politicians traveling to China, who want to assure their clientele how everything is so human at home (This is not talked about on trips to the USA).
Major powers like to talk about democracy and human rights in order to justify resource wars and attempts at regime-overthrow which regularly leave the attacked countries ruined. It is doubtful for example that the violent elimination of Gadaffi in Libya has had any positive effect.
Last but not least, human rights for the Left and Greens serve as a justification for asylum and climate justice, even if the sneakers they wear were produced under inhumane conditions (I also wear sneakers).
It would undoubtedly be wonderful if human rights were attached to every human being, in a way nose and ears are attached to them. But they are not. Human rights are a construct of modern times and enlightenment - possibly inspired by contact with so called "primitive" societies -  and their first proclamation in the 1776 American Declaration of Independence begins:
“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness..."

The phrase "We hold these truths to be self-evident..." clearly shows that this is an opinion or a belief, rather than an objectively verifiable fact, such as the fact that the human being has nose and ears. A more modern formulation was adopted by the United Nations in 1948. In 1966, the so-called civil pact on civil and political rights was added, as well as the social pact on economic and sociocultural rights. All together form the international charter of human rights.
These ideas did not become widely accepted until the 19th and 20th centuries, especially in Europe and North America, where the affluence created by colonial exploitation, use of fossil fuels, and industrialization became so great that it became more convenient for the ruling elite to grant modest prosperity and the appearance of rights to the lower classes in order to avoid tiresome conflicts.
The Islamic version of human rights from 1990 is intended to be introduced globally according to its preamble: It gives precedence to the Sharia, women have no equal rights, and nonmuslims are discriminated against. Among 1,8 billion Muslims almost no voices were heard against these postulates. 
Outside Europe and North America, there is usually no affluence, but scarcity; and then almost inevitably power is seized by a clique, which looks after its own interests, often takes on the role of the former colonial powers, and suppresses the rest of the population. Therefore, for more than 80 per cent of the world's population, human rights are just a wishful dream or a lie. Even in the US they are only partially respected (Guantanamo, killings by drones without trial, discrimination against the black population by the police and judicial system). 
In tyrannies the suppression mechanisms are always the same: the inner circle of power bases itself on profiteers and together they  control state power, e.g. police and army, which are also awarded privileges. Democracy, opposition and independent judiciaries are undermined, and thinking people are silenced. The necessary brutality and terror is often performed by a specialised repressive apparatus (Gestapo, KGB, SAVAK). Even science is not secure if it gets in the way of the power monopoly: the Pope against Galileo, Hitler against Einstein, Stalin with Lysenko against genetics.
This suppression takes place behind a user interface, which may look different in each case, but cannot hide the fact that the underlying mechanism is always the same. The costume may be religious (Iran, Saudi Arabia, pseudo-religious Marxism), or nationalist-military (China, Egypt), or both (Russia). The detailed description and classification of these facades does not seem very relevant, since they are only rationalizations and confabulations.
In case of shortage even progressive states are threatened by relapses into the rule of cliques, such as was the case in Germany during the economic crisis after the crash of 1929. Also the United States since Trump show initial symptoms: impoverishment of the middle class, distortion of democracy by gerrymandering and obstruction of suffrage, closeness to generals, pressurizing or gagging of secret services, the judiciary and climate sciences, flirtations with a temporally unlimited time in office, so that even Republicans recently expressed concern about a totalitarian development. The facade in the USA is nationalist-religious as in Russia, which probably explains some mutual sympathies.
In the context of the climate catastrophe, there is much talk about human rights and climate justice. But with further warming drought, scarcity and famine will spread throughout the world. Johan Rockström, Director at the Potsdam Climate Research Institute, says that with four degrees of global warming, earth may not be able to feed eight billion people, maybe not even half of that.
The inevitable consequence will be distribution battles and massacres even in so-called developed countries. That’s us. 
Then only the law of the jungle remains, and if nothing is left, also the emperor has lost his rights. A survivor of the Warsaw ghetto told me that, of course, one kills fellow inmates for the last piece of bread. At the same time, the climate catastrophe will also slowly burn plant and animal life, so claiming higher rights for the human race will become illusory anyway. 
Whoever seriously thinks that the 1.5 degree goal, human rights and climate justice are more than wishful thinking is deceiving himself and perhaps others. Above all, he proves that he has not understood anything of the seriousness of our predicament.




Sonntag, 15. September 2019

Die Fragilität von Menschenrechten und von Klimagerechtigkeit


Ich teile die Sehnsucht aller, die sich für Menschenrechte und die von diesen abgeleitete Klimagerechtigkeit einsetzen, wie z.B. Denknetz, Greenpeace, Fastenopfer, Brot für alle, Klimastreiker oder Grüne Partei, die sich die Klimagerechtigkeit vor den Wahlen auf die Fahne geschrieben hat.

Mit diesen Forderungen bestätigt man sich und anderen, dass man ein guter Mensch ist - möglicherweise werden sie manchmal überhaupt nur deshalb geäussert, und das ist akzeptabel. Wenn aber diese Forderungen ein unrealistischer frommer Wunsch wären, betriebe man dann vielleicht Selbstbetrug? Und wenn man damit in Wahlen zöge, betriebe man dann nicht sogar Betrug am Wähler? (Wobei falsche Versprechungen ja seit jeher das Kerngeschäft der Politiker sind).

Natürlich werden Menschenrechte sowieso gebetsmühlenartig von verschiedensten Seiten eingefordert: Von Politikern auf Chinareise, die ihrer Klientel versichern wollen, wie zuhause alles so menschlich sei (auf USA-Reisen wird davon nicht geredet).

Gerne faseln Grossmächte von Demokratie und Menschenrechten, um Ausbeutungskriege und Umsturzversuche zu rechtfertigen, welche die betroffenen Länder regelmässig ruinieren. Z.B. ist zu bezweifeln, dass die gewaltsame Ausschaltung Gadaffis in Libyen irgendeinen positiven Effekt gehabt habe.

Nicht zuletzt dienen Menschenrechte den Linken und Grünen als Begründung für Asylgewährung und Klimagerechtigkeit, selbst wenn die Turnschuhe, die sie tragen unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden (ich trage auch Turnschuhe).

Nun wäre es zweifellos schön, wenn jedem Menschen die Menschenrechte gegeben wären, wie Nase und Ohren. Sind sie aber nicht. Menschenrechte sind ein Konstrukt von Neuzeit und Aufklärung - möglicherweise inspiriert durch den Kontakt mit Naturvölkern - und ihre erste Proklamation in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 beginnt so:

“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness..."


Die Formulierung "We hold these truths to be self-evident..." zeigt klar, dass es sich um eine Ansicht bzw. um einen Glaubenssatz handelt und nicht um eine objektiv überprüfbare Tatsache, wie eben diejenige, dass der Mensch Nase und Ohren hat. Eine modernere Formulierung wurde 1948 von den Vereinten Nationen angenommen. 1966 kam noch der sog. Zivilpakt über bürgerliche und politische Rechte dazu, sowie der Sozialpakt über wirtschaftliche und soziokulturelle Rechte. Alles zusammen bildet die internationale Menschenrechtscharta.

Wenig bewusst ist dem Westen die islamische Version der Menschenrechte von 1990 (EMRI): Sie basiert auf der Scharia, Frauen sind nicht gleichgestellt und Nichtmuslimen wird das vollwertige Menschsein abgesprochen. Gemäss Präambel der EMRI soll das global durchgesetzt werden, wogegen sich unter den 1,8 Milliarden Muslimen bisher kaum Gegenstimmen vernehmen liessen.  

Breit durchgesetzt haben sich die Europäischen Menschenrechtsideen im 19. und 20. Jahrhundert und zwar vor allem in Europa und Nordamerika, wo durch koloniale Ausbeutung, fossile Energieträger und Industrialisierung der Überfluss so gross wurde, dass es für die herrschende Elite bequemer wurde, der Unterschicht bescheidenen Wohlstand und den Anschein von Rechten zuzugestehen, um Konflikte zu vermeiden.

Ausserhalb von Europa und Nordamerika herrscht dagegen meist nicht Überfluss, sondern Mangel und dann setzt sich fast zwangsläufig eine Clique an die Macht, die für sich schaut, dabei oft stellvertretend die Rolle der früheren Kolonialmächte übernimmt und den Rest der Bevölkerung unterdrückt. Deshalb sind für über 80 Prozent der Weltbevölkerung die Menschenrechte nur Wunschtraum oder Lüge. Auch durch die USA werden sie nur teilweise eingehalten (Guantanamo, Tötungen mit Drohnen ohne Gerichtsverfahren, Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung durch Polizei und Rechtspflege). 

Bei dieser Cliquenherrschaft sind die Unterdrückungsmechanismen immer gleich: Der innere Machtzirkel stützt sich auf zugewandte Profiteure und zusammen kontrollieren sie das Gewaltmonopol des Staates, d.h. Polizei und Armee, denen auch Privilegien zugeschanzt werden. Demokratie, Opposition und unabhängige Justiz werden ausgehebelt und denkende Menschen zum Schweigen gebracht. Die dafür nötige Brutalität und Terror werden oft einem eigenen Repressionsapparat übertragen (Gestapo, KGB, SAVAK). Auch die Wissenschaft ist nicht sicher, wenn sie dem Machtmonopol in die Quere kommt: Papst gegen Galilei, Hitler gegen Einstein, Stalin mit Lysenko gegen die Genetik.

Meist findet diese Unterdrückung hinter einer Fassade oder Benutzeroberfläche statt, die verschieden aussehen, aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass der zugrundeliegende Mechanismus immer gleich ist. Das Kostüm ist religiös (Iran, Saudiarabien, pseudoreligiöser Marxismus), oder nationalistisch-militärisch (China, Ägypten), oder beides (Russland, USA). Die detaillierte Beschreibung und Klassifizierung dieser Fassaden scheint nicht sehr relevant, handelt sich doch nur um Rationalisierungen und Konfabulationen.

Selbst fortschrittlichen Staaten droht der Rückfall in Klüngel- und Gewaltherrschft, sobald Mangel eintritt, wie z.B. Deutschland nach der Wirtschaftskrise nach 1929. Auch Trumps Vereinigte Staaten zeigen Anfangssymptome: Verarmung der Mittelschicht, Verzerrung der Demokratie durch Gerrymandering und Behinderung des Wahlrechts, Nähe zu Generälen, Knebelung des Geheimdienstes, der Justiz und der Klimawissenschaft, Liebäugeln mit einer zeitlich unlimitierten Regierungzeit, sodass selbst Republikaner Besorgnis über eine totalitäre Entwicklung äussern. Die Fassade in den USA ist ähnlich nationalistisch-religiös wie in Russland, was wohl die gegenseitigen Sympathien begründet.

Im Zusammenhang mit der Klimakatastrophe reden viele Gutwillige von Menschenrechten und von Klimagerechtigkeit. Aber bei weiterer Erwärmung werden sich Dürre, Mangel und Hungersnöte flächendeckend in der ganzen Welt ausbreiten. Johan Rockström, Direktor am Potsdamer Klimaforschungsinstitut meint, dass die Erde bei vier Grad Globalerwärmung vielleicht nicht mehr acht Milliarden Menschen wird ernähren können, vielleicht nicht einmal mehr die Hälfte davon.

Damit drohen Verteilkämpfe und Massaker auch bei uns. Ein Überlebender des Warschauer Ghettos hat mir erzählt, dass man sich selbstverständlich um das letzte Brotstück totschlage.

Dann gilt nur noch das Recht des Stärkeren, und wenn nichts mehr übrigbleibt hat auch der Kaiser sein Recht verloren. Gleichzeitig wird es langsam auch die Pflanzen- und Tierwelt verbrennen, sodass das Einfordern höherer Rechte speziell für Menschen sowieso illusionär wird.

Wer im Ernst meint, dass 1,5 Grad-Ziel, Menschenrechte und Klimagerechtigkeit mehr als Wunschvorstellungen seien täuscht sich selber und und vielleicht andere. Vor allem beweist er, dass er vom Ernst der Lage nichts begriffen hat.

Dienstag, 3. September 2019

NZZ gegen Wissenschaft

(Zuerst erschienen bei Infosperber vom 4.9.2019, letztmals ergänzt 28.1.2022)

Die Neue Zürcher Zeitung, 1780 als Zürcher Zeitung gegründet, war das Sprachrohr der frühen liberalen Bewegung, sie war die fortschrittliche Zeitung meiner revolutionären Vorfahren, die im Stäfnerhandel und in der Helvetischen Republik aktiv waren, die Zeitung, die seit Generationen von der Zürcher Intelligenz gelesen wurde, die meine Grosseltern und Eltern abonniert hatten und auch ich seit 53 Jahren. 
Mit wachsender Verärgerung und Besorgnis lese ich deshalb in der NZZ Artikel, die in der Klimafrage wissenschaftliche Tatsachen als Meinung darstellen und ihnen die Meinung von Schwätzern und Interessenvertretern gegenüberstellen, um den Eindruck zu erzeugen, dass es darüber noch eine "Debatte" gebe. 

Lange entschuldigte ich das damit, dass Redaktionen halt von Phil-Einsern und Geisteswissenschaftlern dominiert seien, die nicht wissen, dass mit Naturgesetzen nicht zu spassen ist.

Neulich hat aber FDP-Grossrätin und Theologin Frau Dr. Acklin in der NZZ der Klimabewegung Naturvergottung vorgeworfen, was nicht biblisch sei. Beim Versuch zu einer Replik wurde klar, dass die NZZ eine eigentliche Kampagne fährt. Oft benutzt sie dazu das Feuilleton und die Meinungsspalten. Meist wird dabei auf die Schwächen der Jugendbewegung und insbesondere von Greta Thunberg geschossen, ohne dass man sich vertieft mit dem zugrundeliegenden Problem und dem Konsens der Wissenschaft beschäftigt. Die Kommentare sind überheblich, gönnerhaft und meist uninformiert.

Die Liste umfasst inzwischen mindestens 24 Autoren, keiner versteht etwas von Klimaphysik: Weder Chefredaktor und Historiker Gujer (hinter den Links stets deren Artikel), noch der (inzwischen ausgemusterte) Feuilletonchef und Philosoph Scheu, Bodybuilder und Kunstwissenschaftler Scheller, Medienprofessor Bolz, Publizistin Wirz, Anglistin Baer, Ethikprofessor Liessmann, Literaturprofessor Gumbrecht, die Historiker Reinhardt und Schär, Wirtschaftsprofessor Borner, Romancier Bruckner, Germanist  Schulte-Richtering, Wirtschaftshistoriker Ferguson, Literaturkritiker Bucheli, Politologe Serrao, Jurist und Speaker Matuschek, die Volkswirtschaftler Imwinkelried und Rasonyi, Redaktorin Pauline Voss
Marxismus-Experte Scherrer, Betriebswirtschafter Schwarz und schon gar nicht der Dramaturg Klaus-Rüdiger Mai, der sich nicht entblödete, die Klimajugend schamlos in die Nähe der Hitlerjugend zu rücken. Sicher habe ich einige übersehen. Das Ganze ist eine Desinformations- und Verleumdungskampagne, die angesichts des Ernstes der Situation nicht anders als selbstmörderisch bezeichnet werden kann. Und wie schäbig und jämmerlich gegenüber den Klimajugendlichen, die - noch Kinder - hier stehen und nicht anders können: https://www.welt.de/politik/ausland/article200813982/UN-Wie-koennt-Ihr-es-wagen-ruft-Thunberg-den-Politikern-entgegen.html.

Den Verantwortlichen sei ins Gewissen geredet, dass ihre Leserschaft nicht nur aus korrupten Zürcher Bankern besteht, sondern - wenigstens früher - auch aus Wissenschaftlern von zwei der weltweit angesehensten Hochschulen. Die NZZ, der Chefredaktor, der Feuilletonchef, der publizistische Beirat, der Verwaltungsrat, die Aktionäre und die hinter ihnen stehende FDP müssen sich an diesen Äusserungen messen lassen. Sie sollten sich schämen. Eine Weltwoche 2.0 braucht es nicht.

Weitere Artikel zu diesem Thema:

Freitag, 30. August 2019

Offener Brief an einen NZZ-Gastkommentator

Prof. der Medienwissenschaft Norbert Bolz, TU-Berlin
In der Neuen Zürcher Zeitung vom 30.August 2019 schreibt Prof. Norbert Bolz den Kommentar "Generation Greta - Was war schon wieder die Mission der jungen Klimaaktivistin? Kritik an einem Medienphänomen". Das Echo auf Greta sei ein Hype. 

Bolz lehrt Medienwissenschaften an der Technischen Universität Berlin und hat nicht die geringste Kompetenz für die Wissenschaft, die von Greta vertreten wird. So bleibt sein Artikel Schaumschlägerei im Rahmen der systematischen Desinformationskampagne der Neuen Zürcher Zeitung. Der Zeitung sei in Erinnerung gerufen, dass sie nicht nur korrupte Banker als Publikum hat, sondern auch denkende Zeitgenossen. Dieser Brief ging zuerst direkt an Prof.Bolz, er hat nicht reagiert. 

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Sehr geehrter Herr Professor Bolz,

Ihr Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung  "Generation Greta - Was war schon wieder die Mission der jungen Klimaaktivistin? Kritik an einem Medienphänomen" spricht von  Hype. Reden Sie mit Ihren Kollegen vom Potsdamer Institut für Klimaforschung. Es gäbe nämlich auch Tatsachen.

Interessanterweise sitzt der Direktor des Potsdam Institut für Klimaforschung im ehemaligen Büro Einsteins, jenes Einstein, dem vor ca. 80 Jahren per Unterschriftensammlung durch Idioten bescheinigt wurde, dass seine Physik jüdisch, unanschaulich und deshalb falsch sei.

Der Club of Rome hat 1972 einen Kollaps der Ökosysteme für das Jahr 2030 vorausgesagt, falls nicht verschiedene Massnahmen getroffen UND die Bevölkerung stabilisiert werde. Massnahmen wurden keine ergriffen und die verschiedenen Voraussagen des Club of Rome sind bisher ziemlich genau eingetroffen. Zwar hat die grüne Revolution das Nahrungsangebot verdoppelt, aber der Club of Rome hat schon 1972 darauf hingewiesen, dass dies an der Voraussage nichts ändern werde. Inzwischen werden die Sommer heisser, die Pole schmelzen ab, und namhafte Wissenschaftler halten die Situation für ausser Kontrolle und unumkehrbar. 


Greta vertritt den Konsens der Wissenschaft, an dem noch so viele Idioten nichts ändern können. Nur wer das ausblendet kann von Hype sprechen.

Freundliche Grüsse

Lukas Fierz, Dr.med., alt-Nationalrat, Bern, Schweiz

Offener Brief an eine NZZ-Kolumnistin

(Aktualisiert 26.11.2019)

Dr. habil. Béatrice Acklin Zimmermann ist FDP-Abgeordnete im Freiburger Parlament und im Freiburger Agglomerationsrat, Vorstand verschiedener kultureller Institutionen, hat
Dr.habil.Béatrice Acklin Zimmermann
Stiftungsratsmandate. Moderiert regelmässig Podien und Workshops im Schauspielhaus Zürich, in der Neuen Oper Freiburg (NOF) und an den Zürcher Festspielen. Lehraufträge, u.a. an den Universitäten Tübingen, Freiburg i.Br., Bern, Zürich und Luzern. Leiterin Fachbereich an der katholischen Paulus-Akademie Zürich mit Schwerpunkt Beziehungen der Religion/Kirchen zu Politik, Musik, Theater und Literatur, Brückenschlag zwischen gesellschaftspolitischen Debatten und alltagsphilosophischen Fragen sowie Christliche Spiritualität. Sie studierte evangelische und katholische Theologie, Politikwissenschaften und Philosophie in Zürich, Freiburg/Schweiz, Rom und Mailand.

«Angesichts des aktuellen Wechselspiels von Religion und Politik stellen sich in zugespitzter Weise Fragen, die eine kirchliche Akademie aufzunehmen hat, wenn sie ein intellektuelles Forum für die grossen Herausforderungen der Gegenwart sein will.»

In der NZZ vom 30.8.2019 hat Urs Neu die unten verlinkte Kolumne dahingehend kommentiert, dass Umweltschutz einem gesunden Selbsterhaltungstrieb entspreche und, "dies als quasireligiöse Verklärung der Natur darzustellen, erweckt vor allem den Eindruck eines eher kläglichen Versuches, die Folgen unseres Tuns so gut als möglich darzustellen". 

Unser Brief ging zuerst direkt an Frau Dr. Acklin, sie hat nicht reagiert. 
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Sehr geehrte Frau Dr.Acklin,

Mit Ihrer NZZ-Kolumne "Gegen die Vergöttlichung der Natur"  (23.8.2019) gesellen Sie sich zu den mittlerweile mindestens 20  NZZ-Autoren, welche eine gönnerhaft-uninformierte Skepsis gegenüber der Klimabewegung und gegen Greta Thunberg äussern, das ganze eine eigentliche Desinformations- und Verleumdungskampagne. Ich behafte und messe Sie, die NZZ und die FDP auf und an diesen Äusserungen.   

Sie kritisieren in Ihrer Kolumne, dass, wenn die Umweltbewegung den Respekt vor der Schöpfung aus auch religösen Gründen einfordere, sie damit quasireligiöse Züge annehme, dass aber solche "Vergöttlichung der Natur" kein biblisches Gedankengut sei. Recht haben Sie. Aber dann hätten Sie doch auch erwähnen dürfen: Biblisch ist, dass der Mensch sich vermehre sowie Natur und ihre Geschöpfe unterwirft und ausnützt ("Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht" Genesis 1:28). Nur ist inzwischen zweifelhaft geworden, ob das eine gute Maxime ist, oder ob es nicht direkt in die Apokalypse führt, eine Frage, die zu stellen doch erlaubt sein muss. Ich bin ihr jedenfalls nachgegangen. https://lukasfierz.blogspot.com/2019/07/und-was-wenn-wir-uns-nicht-retten-konnen.html. Falls Sie sich in der NZZ informieren, wissen Sie darüber natürlich wenig. Der Abopreis ist dort so hoch, weil man damit bezahlt, dass man darüber nicht lesen muss.

Und bevor Sie das jetzt als «apokalyptisch» abtun: Ich habe den verlinkten Essay drei renommierten Klimatologen vorgelegt: Joachim Schellnhuber (Potsdam), Gernot Wagner (Harvard), Wolfgang Knorr (Lund), alle stimmen zu. Schellnhuber, Berater auch Ihres Papstes, schrieb mir wörtlich: "Deine Verzweiflung und Dein Zorn sind wissenschaftlich leider nicht von der Hand zu weisen". Und falls wir tatsächlich in eine Apokalypse taumeln muss einem liberalen Denken auch die Frage erlaubt sein, ob unsere Religion uns nicht in die Irre führe, und ob wir ihr nicht lieber abschwören sollten. 

Mit freundlichen Grüssen

Lukas Fierz

Donnerstag, 29. August 2019

Offener Brief an einen Tagi/BUND-Kolumnisten

Immer wieder stösst man auf Kolumnen und Berichte, die einem aufstossen. Hoffend, dass deren Verfasser zu Denkvorgängen gebracht werden können, schreibe ich diesen manchmal persönlich. Nur ausnahmsweise erhält man eine Antwort. Darum schreiben wir vielleicht lieber offene Briefe, damit wenigstens die übrige Öffentlichkeit erfahren kann, was für Stuss abgesondert wird.

Michael Hermann ist regelmässiger Kolumnist bei BUND und TAGES-ANZEIGER. Er studierte Geografie, Volkswirtschaft und Geschichte an der Universität Zürich und  promovierte am Geografischen Institut der Universität Zürich zum Thema «Werte, Wandel und Raum». Er ist Geschäftsführer des Instituts Sotomo, welches gemäss Eigenwerbung "mit  massgeschneiderten Umfragen umfassende Einblicke in die Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen der Menschen ermöglicht".  

Dieser Brief ging zuerst direkt an Herrn Herrmann. Er hat nicht reagiert.  



Lieber Herr Herrmann,

Ich lese heute etwas ratlos Ihre Kolumne aus BUND und TAGES-ANZEIGER (26.8.2019) über die bevorstehenden Wahlen: Nach Ihnen "können sich die Grünen nur selber schlagen, mit der für das progressive Spektrum so typischen, flüchtigen, in Trägheit umschlagenden Euphorie". Also die gemein-hämische Haltung gegenüber den Grünen und dem Umweltproblem, die wir seit vierzig Jahren bestens kennen, die den bürgerlichen Chefredaktoren passt und die jede Lösung bisher verunmöglicht hat.
Wie wollen Sie denn das «Geschlagen-sein» bzw. «Nicht-geschlagen-sein» definieren? Die Grünen sind doch ab 1980 in der Umweltfrage angetreten, an der sich seit dem ersten Bericht des Club of Rome nicht viel geändert hat. Die Voraussage war damals ein Kollaps der Ökosysteme ab 2030, falls nicht Massnahmen ergriffen UND die Weltbevölkerung sofort stabilisiert werde. Das Problem wäre damals noch irgendwie lösbar gewesen, aber - in Ihren Worten - "die jutesackbewehrten Grünen wurden als gefährliche Wohlstandsgefährder angesehen". Tatsächlich hatten sie bis Frühjahr 2019 nie eine Breitenwirkung. Das hat erst dank Greta geändert.
Inzwischen ist das Umweltproblem zu grossen Teilen oder wahrscheinlich überhaupt nicht mehr lösbar. Lesen Sie das Buch «Change» von Graeme Maxton oder bei Bendell (https://www.lifeworth.com/deepadaptation.pdf). Somit steht fest: Die Grünen sind geschlagen, ganz gleich, wie das Wahlergebnis ausfallen wird. Sie sind doch nicht nur Politologe, sondern auch Geograph, das sollte Ihnen klar sein.
Einige Stichworte: Der Temperaturanstieg ist hundert Mal rascher als frühere Temperaturanstiege und er beschleunigt sich in den letzten Jahren. Alle Prognosen des IPCC waren viel zu optimistisch, die 1,5 Grad Erwärmung werden nicht – wie einst erhofft - 2100 erreicht und nicht 2050, und auch nicht 2040, sondern schon 2030. Die 2 Grad somit 2040. Dann wird Südeuropa vertrocknen und unfruchtbar und der Mittlere Osten wird grossteils unbewohnbar. Bis 2100 steigt die Temperatur mit Einhaltung der Pariser Verträge um 3,2 Grad, und weil sie bisher nicht eingehalten wurden um 4-5 Grad. Damit kann die Erde vielleicht noch 1 Milliarde ernähren, wenn nicht weniger.
Vielfache Selbstverstärkungsmechanismen (Ungebremster Anstieg der Treibhausgase, Flächenbrände, Methanfreisetzung, verminderte Strahlungreflexion durch Eisschmelze) drohen den Temperaturverlauf explosiv zu machen und die höhere Biosphäre sowie die Menschheit in einer «hothouse earth» auszulöschen. Unterwegs wird zuerst das Finanzwesen zusammenbrechen (die Negativzinsen sind ein getreues Marktabbild der ausweglosen Situation), Ihre «flächendeckende Dienstleistungsgesellschaft» wird sich als überflüssig zersetzen, die Industriegesellschaft redimensioniert, es resultieren ein Heer von Arbeitslosen, soziale Unruhen und Hungersnöte. Migrationen von Milliarden und Kriege sind obligatorisch abzusehen. Die bevorstehenden Wahlen sind dafür ziemlich irrelevant.
Man kann sich fragen, wer die Kalamität zu verantworten hat. Der grosse Journalist Arnold Hottinger sagte mir, es sei auch ein Versagen «von uns» (er meinte Presse und Medien) gewesen. Es ist auch ein Versagen der Wissenschaft, die vielfach nicht klar gesprochen hat.
Ehrlich gesagt wundere ich mich, dass man darüber in den Zeitungen nichts liest. Bei der NZZ bin ich inzwischen zum Schluss gekommen, dass der Abopreis so hoch ist, weil man dafür bezahlt, nichts darüber lesen zu müssen. So kann der brave Bürger ungestört weiter schlafen.
Mit freundlichen Grüssen
Lukas Fierz
Alt-Nationalrat

Mittwoch, 21. August 2019

Call a spade a spade: It's Holocaust 2 (*)


(Translation of "Redet endlich Klartext: Holocaust 2.0", in Bieler Tagblatt vom 17.8.2019, updated 31.7.2021)

Everyone is talking about climate change, a term without direction or threat. This is linguistic nebulisation which is part of our everyday life: the accident, which the insurance does not want to pay, becomes an "event", the genocide of the Armenians becomes a "temporary relocation", money printing becomes "Quantitative Easing". And this nebulization can have deadly consequences: the cause of the Challenger disaster of 1987 was a blown-off O-ring, which had already burned out on previous flights up to a third. One knew that, but by twisting the language up the hierarchy, this defect became a "safety factor of 3" and nothing was done (1). In fact a "safety factor of 3" would mean that nothing happens with a triple overload, but by no means a breakdown by a third under normal load, which signifies a safety factor of zero. Seven astronauts lost their lives.
Fossil by Heartless Machine (10)
And what is nebulised by the word climate change? First, it does not say what's up. “Global warming” would show the direction, but it’s also too pleasant. “Global heating" may be better - after all, heat can already affect. But does that nail the facts?

Every second global heating adds to the earth the energy of three to six Hiroshima bombs (2). It was fantasized that the Paris Climate Agreement of 2015 would limit the temperature rise to 1.5 degrees by 2100. But even if the agreement were met, the temperature would rise 2,4 degrees. But  anyway nobody sticks to it which leads us to 3,2 degrees global warming until 2100 according to official prognoses. That's why in 2017 the 1.5 degrees were moved to the middle of our century and in 2018, the IPCC brought the 1.5 degrees forward to 2040 (3). But even this dramatic report disregards that the greenhouse gases are rising further, bringing the 1.5 degrees forward to 2030, as the respected journal Nature wrote (4), a forwarding by seven decades within about seven years! And all this will be aggravated further by 20 or more percent because of disappearing snow and ice which reduces reflection, a fact also insufficiently considered in the IPCC-reports.

With one and a half degrees of warming 70-90 percent of all coral reefs will perish. The two degrees will destroy 99 percent of coral reefs. In southern Europe, the cultivation of citrus fruit, olives and wine will be impossible. Parts of the Middle East and North Africa (5) as well as Southeast Asia will become uninhabitable. Even with stabilized greenhouse gases any heating achieved would continue for decades. The fatal release of Methane from permafrost and sea has already begun and other self-reinforcing mechanisms can be added at any time. Just as threatening is the galloping species extinction through habitat destruction, poisoning and heat as well as the increasing water scarcity, everything aggravated by an expanding population. The German Federal Intelligence Service estimates that over one billion of people will flee, and that is only the beginning, after which, together with civilization and human rights, a large part of the biosphere will go down.

Climatologist Prof. Joachim Schellnhuber named his book "Self-Combustion" (6) and David Wallace-Wells his "The uninhabitable Earth" (7). That’s what it is: By greed, stupidity and herd instinct we are destroying everything, man and nature through heat, poison and drought. Therefore, the English Guardian does not talk about "global warming" any more, but takes up Greta Thunberg's proposals such as "climate collapse", "climate crisis", "climate emergency", "ecological crisis" etc (8). The famous biologist E.O. Wilson speaks of the "collapse of the ecosystem" (10). But all these expressions are abstract, out-of-the-way, they evoke a disaster that you can face like a flood or an avalanche. They do not imply that everything will end.

For decades, my newspaper the Neue Zürcher Zeitung publishes every few months very vivid and concise articles about the Holocaust. The villains are pointed at with fingers, and shudderingly one reads how human values and victims were exterminated by hunger, weapons, poison and crematoria, and - oh, say the citizens in their slippers and armchairs, - how are we so good... But I am somewhat astonished that the same vividness and precision do not apply to the upcoming elimination of human values, civilization and humanity from hunger, flight, war, environmental poisoning and global burning. What in fact lies ahead of us is the Holocaust 2, this time with gruesome consequences not only for Jews and Gipsies, but for all of us and for a big part of the biosphere. All just as deliberate as the first Holocaust, because causes, actors and consequences are known and visible for all to see. But all bigger by orders of magnitude. This has already started, and meanwhile we are still fighting over cannabis, COVID, genderism, health insurance and retirement age, as if this would have any importance in comparison. 

No, it's not climate change, it’s not global warming, it's Holocaust 2. And yes, we can silence, imprison and expel whoever protests. But this will not solve the problem any more than cowardly closing the eyes before reality.



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(*) It was doubted as to whether the expression "Holocaust 2" (from Greek, literally “Burning of everything”) was admissible. I have therefore submitted this text to a half-Jew and a Gypsy, both of whom had lost relatives in Auschwitz and are thus entitled to judge. Both affirmed that the expression was to the point and could be used.

The term holocaust was used from about 1600, long before the Nazis. Of those who rejected the expression, various claims were made: it was claimed that the first Holocaust was an industrial annihilation, the second was not. Yes, but is the second not industrial par excellence, namely a consequence of industrialization? It was also claimed that the first was deliberate and the second was not. Yes, but did not Exxon decades before the Greens know that the greenhouse effect would lead to catastrophe and still fund disinformation campaigns with hundreds of millions of dollars? And the Koch Brothers and all the bribed "experts", and the editors who do not listen to science or denigrate it (it's curious: If engineers and physicists calculate bridges, railways, airplanes, power plants, we entrust them our life without discussion. Only if they speak about the climate, everything must be lies, isn’t this queer?). It was objected that the first Holocaust had been deliberately run, and the second was "unconscious", but the differences seem small to me: Of course after the Second World War, all Germans said  "we all knew nothing about all that," albeit many had benefited from expulsions and expropriations, as Götz Aly has demonstrated. And hundredthousands of soldiers at least knew of mass exterminations in the East, if they did not even witness or participate. Likewise with climate: Most "know nothing about all that", although the information is freely available, and many young people know it very well. It was also objected that the special thing about the first Holocaust was racial paranoia - but the second Holocaust, is it not also caused by a paranoia? This time a paranoia of growth and consumerism, the consequences being even more appalling. It was said that the first Holocaust was so special because of its unique enormity. Such a view forgets that this enormity will be dwarfed by this new iteration. It was also said, that Holocaust means a specific direction against Jews and Gypsies. So far so good, but the second Holocaust concerns  Jews and Gypsies as well, and this time in in their totality, with the sole difference that this time it affects  everyone else too, including the entire biosphere. Logically the first Holocaust is therefore a mere subset of Holocaust 2. Sometimes the argumentation also turned into irrational polemic, e.g. the use of the term Holocaust was qualified as racist, or the author was mobbed just as the bearer of bad news.

This is all mere shadowboxing:  The question is whether you allow yourself to name the upcoming horror in an understandable and graphic way. In this case all the other words seem too clean, too objectifying, in short insufficient to grasp the impending state failure and the certain downfall of humanity and civilization. For the most part, in these discussions, I had the impression that one is resisting the expression in order to hide the reality under a cloak of squeamish political correctness,  and  -  suddenly everything is no longer urgent, we can move on to business as usual, by going to school, shopping, and going to work, expand highways and airports as before. We prefer to leave everything in the nebulization, right? ... That's exactly what brought upon us this predicament.

References
  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Rogers_Commission_Report
  2. https://www.theguardian.com/environment/2019/jan/07/global-warming-of-oceans-equivalent-to-an-atomic-bomb-per-second
  3. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/sites/2/2018/12/SR15_FAQ_Low_Res.pdf
  4. https://www.nature.com/articles/d41586-018-07586-5
  5. https://www.scinexx.de/news/geowissen/droht-dem-orient-ein-klima-exodus/
  6. https://service.randomhouse.de/book/Self-Combustion/Hans-Joachim-Schellnhuber/e481489.rhd?pub=1&frm=true
  7. https://www.nytimes.com/2019/03/06/books/review-uninhabitable-earth-life-after-warming-david-wallace-wells.html
  8. https://www.theguardian.com/environment/2019/may/17/why-the-guardian-is-changing-the-language-it-uses-about-the-environment
  9. https://www.populationconnection.org/article/an-afternoon-with-an-ant-man/
  10. http://nymag.com/intelligencer/2017/07/climate-change-earth-too-hot-for-humans.html